Klinische Studie

Lebendimpfstoff gegen Malaria erfolgreich getestet

In einer klinischen Studie mit einem neuen Impfstoff gegen Malaria haben Wissenschaftler aus Tübingen einen Impfschutz von bis zu 100 Prozent erreicht.

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Nach Angaben der WHO erkrankten allein im Jahr 2015 rund 214 Millionen Menschen durch den Malaria-Parasiten.

Nach Angaben der WHO erkrankten allein im Jahr 2015 rund 214 Millionen Menschen durch den Malaria-Parasiten.

© claffra / Fotolia

TÜBINGEN. Der Impfstoff basiert auf vollständig lebensfähigen, nicht abgeschwächten Malaria-Erregern, die gleichzeitig mit einem Malaria-Medikament verabreicht wurden, wie die Eberhard Karls Universität Tübingen mitteilt. Konkret seien für die Impfung Malaria-Parasiten des Biotechnologie-Unternehmens Sanaria eingesetzt worden, so Professor Peter Kremsner und Dr. Benjamin Mordmüller vom Tübinger Institut für Tropenmedizin und dem Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF). Dieser neue Impfansatz sei nun in der DZIF-Studie erstmals klinisch getestet worden.

An der Tübinger Studie, deren Ergebnisse auch im Fachmagazin Nature veröffentlicht (DOI: 10.1038/nature21060) wurden, nahmen 67 gesunde, erwachsene Probanden teil, die noch nie an Malaria erkrankt waren. Die beste Immunantwort zeigte sich bei einer Gruppe von neun Probanden, die dreimal in je vierwöchigem Abstand den Impfstoff in einer hohen Dosierung erhielten. In dieser Gruppe zeigten alle Probanden anschließend einen 100-prozentigen Impfschutz.

"Der Schutz entstand wahrscheinlich durch spezifische T-Lymphozyten und Antikörper-Antworten gegen die Parasiten in der Leber", erklärte Professor Peter Kremsner in einer Pressemitteilung der Universität. Dazu war die Häufigkeit von spezifischen polyfunktionelen CD4-T-Zellen als Parameter der Schutzfunktion bestimmt worden. Zudem habe man die Immunreaktion des Körpers analysiert und Proteinmuster identifiziert, die eine weitere Verbesserung des Impfstoffs ermöglichen.

Die Wissenschaftler spritzten die lebendigen Malaria-Parasiten und verhinderten eine Erkrankung der Probanden durch die gleichzeitige Gabe des seit langem bereits genutzten Malaria-Medikaments Chloroquin.

Zwei Angriffspunkte genutzt

Die Tübinger Forscher machten sich bei der Studie Eigenschaften sowohl des Parasiten wie auch von Chloroquin zunutze. So kommt Plasmodium falciparum, nachdem ein Mensch infiziert ist, zunächst in die Leber, um sich dort zu vermehren. In dieser Inkubationsphase kann das menschliche Immunsystem bereits reagieren, die Krankheit bricht aber noch nicht aus. Zudem wirkt Chloroquin nicht in der Leber, bremst also dort auch nicht die Vermehrung des Parasiten.

Zum Ausbruch der Krankheit kommt es erst, wenn der Erreger die Leber verlässt, ins Blut wandert und sich als Parasit in den roten Blutkörperchen einnistet und vermehrt. Sobald der Erreger im Blut ist, wird er von Chloroquin abgetötet und somit der Ausbruch der Krankheit verhindert.

"Durch die Impfung mit einem lebenden und zuerst nicht abgeschwächten Erreger ist es uns ganz offensichtlich gelungen, eine sehr starke Immunantwort auszulösen", sagte Studienleiter Benjamin Mordmüller. "Darüber hinaus deuten die bisher vorliegenden Daten darauf hin, dass wir es mit einem vergleichsweise stabilen und lange anhaltenden Impfschutz zu tun haben." In der Gruppe der Probanden, die nach dreimaliger Gabe einer hohen Dosis von Parasiten einen 100-prozentigen Impfschutz gezeigt haben, sei dieser auch zehn Wochen nach der Impfung noch zuverlässig vorhanden, eine messbare Immunantwort noch wesentlich länger. Der neue Impfstoff habe sich zudem als sehr gut verträglich erwiesen. Im nächsten Schritt soll er in einer weiteren klinischen Studie in Gabun über mehrere Jahre auf Wirksamkeit getestet werden. (run)

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