Krankenhauskeime

Wie kommen die Erreger in die Klinik?

Über 4000 Patienten haben Kölner Forscher auf Enterobakterien untersucht, die gegen Cephalosporine der 3. Generation resistent sind. Das Ergebnis: Fast jeder Zehnte war mit multiresistenten Keimen besiedelt  und das bereits, wenn er in die Klinik kam. Wie lassen sich die Keime eindämmen?

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Bakterien in einer Stuhlprobe. Die Wissenschaftler konzentrierten sich bei ihrer Forschung auf 3. Generations-Cephalosporin-resistenten Enterobakterien.

Bakterien in einer Stuhlprobe. Die Wissenschaftler konzentrierten sich bei ihrer Forschung auf 3. Generations-Cephalosporin-resistenten Enterobakterien.

© Oliver Meckes & Nicole Ottawa / eye of science / Agentur Focus

BRAUNSCHWEIG. In Deutschland sterben bis zu 15.000 Patienten im Jahr an Krankenhausinfektionen, schätzt das Nationale Referenzzentrum für die Überwachung dieser Infektionen. Eine große Rolle spielen hier multiresistenten Bakterien. Doch wo kommen diese Keime her?

Dieser Frage gingen Wissenschaftler von der Uniklinik Köln nach und fanden in einer der bisher größten Studien dieser Art in Europa heraus, dass fast zehn Prozent der aufgenommenen Krankenhauspatienten die gefürchteten Keime bereits von zu Hause mitbringen, heißt es in einer Mitteilung des Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF).

Jeder zehnte Patient mit Keimen besiedelt

"Dass fast jeder zehnte Patient mit multiresistenten Keimen besiedelt ist, wenn er in der Klinik ankommt, war für uns überraschend", wird Dr. Axel Hamprecht von der Uniklinik Köln in der Mitteilung zitiert. Er und Professor Harald Seifert, ebenfalls Uniklinik Köln, hatten zusammen mit Kollegen aus der Charité Berlin diese Studie koordiniert, an der sich sechs deutsche Universitätskliniken beteiligten.

Über 4000 Erwachsene wurden bei Klinikaufnahme anhand von Stuhlproben oder Rektalabstrichen auf multiresistente Enterobakterien untersucht (J Antimicrob Chemother 2016; online 17. Juni).

Augenmerk liegt auf 3GCREB

Besonderes Augenmerk legten die Forscher in ihrer Untersuchung auf eine Gruppe von multiresistenten Bakterien, die häufig in Krankenhäusern Probleme bereiten: die sogenannten 3. Generations-Cephalosporin-resistenten Enterobakterien (3GCREB). Diese multiresistenten Darmbakterien, die unter anderem gegen Cephalosporine resistent sind, haben sich in den vergangenen Jahren weltweit ausgebreitet.

Die neueren Cephalosporine der dritten Generation wirken bekanntlich gegen ein breites Spektrum an Bakterien und gehören zu den am häufigsten eingesetzten Antibiotika. Doch die Bakterien haben im Laufe das Enzym Beta-Laktamase erworben, das diese Antibiotika unwirksam macht.

ESBL-Bakterien besonders häufig

Von den 4376 Erwachsenen, die bei Aufnahme in eine der beteiligten Kliniken auf die 3GCREB-Keime untersucht wurden, waren 416 Träger dieser multiresistenten Keime, heißt es weiter in der Mitteilung. Diese Häufigkeit war bisher in Deutschland nicht bekannt.

Besonders häufig fanden die Wissenschaftler Escherichia coli-Bakterien, die Beta-Laktamasen produzieren, sogenannte ESBL-Enterobakterien. Die Häufigkeit der multiresistenten Keime war von Klinik zu Klinik unterschiedlich.

Um ursächliche Faktoren für die Besiedelung mit diesen Bakterien aufzudecken, beantworteten die Patienten ergänzend einen Fragenkatalog zu bisherigen Klinikaufenthalten oder Lebensgewohnheiten. "Patienten nach Antibiotika-Einnahme und Reisende außerhalb Europas sind gefährdeter", nennt Hamprecht zwei wichtige Ergebnisse der Recherchen.

Empfehlung: Rationaler Umgang mit Antibiotika

Was kann getan werden, um die multiresistenten Keime frühzeitig aufzuhalten? "Bei so vielen Betroffenen funktioniert die Strategie einer Isolation innerhalb des Krankenhauses nicht mehr", ist sich Hamprecht sicher. Zudem gebe es bei 3GCREB im Gegensatz zu anderen multiresistenten Bakteriengruppen wie MRSA (Methicillin-resistente Staphylococcus-aureus)-Stämme keine etablierten Sanierungsmöglichkeiten.

Stattdessen empfehlen Hamprecht und Seifert bessere Hygienemaßnahmen in Kliniken und Praxen, einen rationalen Umgang mit Antibiotika sowie insbesondere eine Reduktion nicht gerechtfertigter Antibiotika-Gaben und mehr Schulungen für Ärzte.

Die Studie wurde im Rahmen der Antibiotika-Therapie-Optimierungs-Studie (ATHOS) durchgeführt. Weitere beteiligte Zentren sind die Charité Universitätsmedizin Berlin sowie die Unikliniken in Freiburg, Lübeck, München und Tübingen. (eb)

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