Slumbewohner verteilen Medikamente an Patienten

Veröffentlicht:

Wie kann gewährleistet werden, daß ein an Tuberkulose erkrankter Slumbewohner seine Medikamente auch wirklich monatelang einnimmt? In einem Hilfsprojekt in der indischen Metropole Neu-Delhi sucht die Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe (DAHW) eine Antwort.

"Diese Menschen können sich oft nicht einmal die Rikscha leisten, um den Arzt aufzusuchen, wenn die Medikamente ausgehen", sagte DAHW-Geschäftsführer Jürgen Hammelehle auf einer Veranstaltung aus Anlaß des heutigen Welt-Tuberkulose-Tags in Berlin.

Die DAHW setzt deswegen seit einigen Monaten auf Selbsthilfe vor Ort. Slumbewohner übernehmen die Rolle von Ärzten und verteilen die Medikamente an Betroffene.

"Unsere Ärzte schulen zum Beispiel Ladenbesitzer, die dann nicht nur die Medikamente verteilen, sondern auch Empfehlungen zur Hygiene geben", so Hammelehle.

Anders als öffentliche Gesundheitsstellen haben diese Geschäfte in der Regel bis in den Abend hinein geöffnet. Damit können auch Tagelöhner ihre Antibiotika abholen, ohne auf einen Arbeitstag verzichten zu müssen.

Den größten Vorteil des Systems sieht Hammelehle in der räumlichen Nähe zwischen Erkrankten und freiwilligen medizinischen Helfern.

Denn wenn ein Patient einmal nicht kommt, um seine Ration abzuholen, wird er von dem Gesundheitsposten, der für seine Arbeit vom DAHW auch ein wenig Geld erhält, zuhause besucht.

So sollen möglichst alle denkbaren Schwierigkeiten, die einer kontinuierlichen Tuberkulosetherapie im Wege stehen könnten, ausgeräumt werden.

Ähnliche Projekte werden auch in anderen Teilen der Welt zunehmend ins Leben gerufen. So berichten Ärzte aus Nepal in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "The Lancet" über die erfolgreiche Einbindung von Familienangehörigen und anderen Bewohnern abgelegener Berggemeinschaften.

Sie werden angelernt und übernehmen Teile der Versorgung der Tuberkulosekranken. Vor allem kontrollieren sie die Einnahme der Medikamente. (gvg)

Lesen Sie dazu auch: HIV läßt Tb-Inzidenz steigen



STICHWORT

TB und Welt-Tuberkulose-Tag

Nach Angaben der WHO gab es 2004 weltweit 4,12 Millionen registrierte Neuerkrankungen mit TB; die wirkliche Zahl wird auf 8,8 Millionen geschätzt. Die Zahl der TB-Kranken steigt jährlich um ein bis zwei Prozent. Jeden Tag sterben 5000 Menschen an Tuberkulose, weil sie nicht rechtzeitig behandelt wurden oder die Behandlung vorzeitig abgebrochen haben.

Der Welt-Tuberkulose-Tag fand erstmals am 24. März 1982 statt. Mit diesem Datum wird an Robert Koch erinnert, der am 24. März 1882 bewiesen hatte, daß das von ihm entdeckte Mycobacterium tuberculosis der TB-Erreger ist. (ag)

Mehr zum Thema

Multiresistente Tuberkulose

„Spannende Zeiten“ in der Tuberkulose-Therapie

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Weniger Rezidive

Hustenstiller lindert Agitation bei Alzheimer

Lesetipps
Ulrike Elsner

© Rolf Schulten

Interview

vdek-Chefin Elsner: „Es werden munter weiter Lasten auf die GKV verlagert!“

KBV-Chef Dr. Andreas Gassen forderte am Mittwoch beim Gesundheitskongress des Westens unter anderem, die dringend notwendige Entbudgetierung der niedergelassenen Haus- und Fachärzte müsse von einer „intelligenten“ Gebührenordnung flankiert werden.

© WISO/Schmidt-Dominé

Gesundheitskongress des Westens

KBV-Chef Gassen fordert: Vergütungsreform muss die Patienten einbeziehen