Für eine Pandemie-Vakzine braucht man neue Verfahren

LANGEN (mut). Bei einer Grippe-Pandemie wäre es momentan nicht möglich, in kurzer Zeit genug Impfstoff für die Bevölkerung herzustellen. Werden jedoch Ganzkeim-Vakzinen verwendet, und werden Adjuvantien hinzugefügt, läßt sich die Produktion stark erhöhen.

Veröffentlicht:

Das Problem: Pro Jahr werden für Deutschland etwa 20 Millionen Dosen Impfstoffe gegen saisonale Influenzaviren produziert. Bei einer Influenza-Pandemie, etwa durch mutierte Vogelgrippe-Viren, müßte jedoch die gesamte Bevölkerung geimpft werden, also 80 Millionen, und das zweimal, weil bei einem völlig neuen Virus eine einmalige Impfung nicht genügt.

Das macht 160 Millionen Dosen. Und die sollen möglichst innerhalb weniger Wochen bereitstehen. Mit den bisherigen Methoden zur Herstellung von Grippeimpfstoffen würde dies nicht gelingen. Es macht allerdings auch keinen Sinn, schon jetzt mit der Produktion einer Vakzine gegen Vogelgrippe zu beginnen.

"Das wäre Geldverschwendung", so Professor Johannes Löwer vom Paul-Ehrlich-Institut in Langen zur "Ärzte Zeitung". Das Vogelgrippe-Virus H5N1 habe sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Um eine Pandemie auszulösen, müßte sich das Virus weiter verändern.

Ein bereits heute gegen H5N1 produzierter Impfstoff wäre gegen das Pandemievirus dann wohl wirkungslos. Ein Impfstoff könne daher erst produziert werden, wenn das Pandemievirus bekannt ist, so Löwer.

Was also tun? Man muß jetzt ein neues Verfahren entwickeln, um die Vakzineproduktion im Ernstfall zu beschleunigen. Konkret heißt das: Man muß die Antigendosis in der Vakzine strecken, und zwar so, daß sie trotzdem noch vollen Schutz ermöglicht.

Das kann durch geeignete Adjuvantien gelingen, Substanzen, die die Immunogenität erhöhen. Die meisten Grippe-Vakzine enthalten bisher keine Adjuvantien. Wird zur Vakzine-Produktion zudem das ganze Virus verwendet, statt wie bisher üblich, nur ein Teil, so ließe sich die Ausbeute an Impfstoff erhöhen.

Impfstoffhersteller planen nun, einen Ganzkeim-Vakzine-Prototyp mit Adjuvantien herzustellen, bei dem etwa ein Drittel der bisherigen Antigendosis genügt. GlaxoSmithKline hat nach eigenen Angaben mit der Entwicklung eines Impfstoff-Prototyps gegen Pandemie-Viren begonnen.

Bis Ende des Jahres soll bei EU-Behörden ein Zulassungsantrag gestellt werden. Ein solcher Prototyp ist jedoch mehr als ein Verfahren zu verstehen. Funktioniert es, ließe sich damit nicht nur gegen H5N1, sondern gegen jedes Influenza-Pandemievirus genügend Impfstoff produzieren.

Schlagworte:
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert

Lesetipps
Gefangen in der Gedankenspirale: Personen mit Depressionen und übertriebenen Ängsten profitieren von Entropie-steigernden Wirkstoffen wie Psychedelika.

© Jacqueline Weber / stock.adobe.com

Jahrestagung Amerikanische Neurologen

Eine Frage der Entropie: Wie Psychedelika bei Depressionen wirken

Gesundheitsminister Lauterbach hat angekündigt, den Entwurf für die Klinikreform am 8. Mai im Kabinett beraten lassen zu wollen. 

© picture alliance / Geisler-Fotopress

Großes Reformpuzzle

So will Lauterbach den Krankenhaus-Sektor umbauen