Mecklenburg-Vorpommern

Vogelgrippe-Virus bei Wildvogel nachgewiesen

Die Bedrohung durch das Vogelgrippe-Virus H5N8 steigt: Bei Rügen ist der Erreger erstmals bei einem Wildvogel entdeckt worden. Einige Bundesländer verordnen ihrem Geflügel nun Stallpflicht.

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SCHWERIN/BERLIN. Erstmals in Europa ist das gefürchtete Vogelgrippe-Virus H5N8 bei einem Wildvogel nachgewiesen worden. Entdeckt wurde es in einer Krickente, die im Rahmen der Wildvögel-Überwachung bei Rügen in Mecklenburg-Vorpommern geschossen wurde, wie Agrarminister Till Backhaus (SPD) am Wochenende in Schwerin sagte.

Damit erhärtet sich der Verdacht, dass die Ausbrüche der vergangenen Wochen in europäischen Nutztierställen auf Wildvögel zurückgehen. Als Reaktion auf die Vogelgrippe wollen mehrere Bundesländer ihr Geflügel besser schützen.

 Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) empfahl den Ländern am Montag, vorsichtshalber eine Unterbringung von Geflügel in Ställen in die Wege zu leiten. In Mecklenburg-Vorpommern sowie in einigen Regionen Niedersachsens und Brandenburgs gibt es bereits eine Stallpflicht.

Warten auf Risikobewertung des Friedrich-Loeffler-Instituts

Die Umsetzung liegt bei den Ländern, wie ein Sprecher des Landwirtschaftsministeriums in Berlin erläuterte. Bei einer Telefonkonferenz von Tierseuchen-Experten von Bund und Ländern sei vereinbart worden, zunächst eine Risikobewertung durch das Friedrich-Loeffler-Institut abzuwarten, sagte die Sprecherin des Brandenburger Verbraucherschutzministeriums, Maria Strauß.

"Wenn diese am Dienstag vorliegt, können die Bundesländer jeweils über geeignete Maßnahmen entscheiden."

Im brandenburgischen Landkreis Uckermark gilt bereits seit Anfang November eine Stallpflicht für Geflügel, nachdem Anfang November in Mecklenburg-Vorpommern in einem Betrieb in Heinrichswalde die Vogelgrippe mit dem Erreger H5N8 ausgebrochen war.

In Niedersachsen hatten am Freitag die Landkreise Emsland und Grafschaft Bentheim die Stallpflicht verhängt, weil das Virus in einer Geflügelfarm in den Niederlanden in Grenznähe aufgetreten war. In den Niederlanden sind bisher drei Betriebe betroffen. Im Saarland gilt ohnehin eine Stallpflicht in Risikogebieten, vor allem an größeren Gewässern.

In Nordrhein-Westfalen soll ab diesem Dienstag Geflügel in bestimmten Risikoregionen eingesperrt werden. Es handele sich um Gebiete mit durchziehenden Wildvögeln, teilte das Landesumweltministerium mit. Welches die Risikoregionen seien, werde am Dienstag bekanntgegeben.

Allen Haltern von Hausgeflügel werde empfohlen, die Tiere ab sofort im Stall zu lassen. Übertragungen auf den Menschen seien unwahrscheinlich. Sachsen-Anhalt bereitet ebenfalls eine Stallpflicht für Geflügel in Risikogebieten vor.

Das baden-württembergische Verbraucherschutzministerium verdoppelte die Anzahl der Kontrollen bei Wildvögeln. Zudem müssten insbesondere Nutzgeflügelhalter mit Freiland- oder Auslaufhaltung die vorgeschriebenen Biosicherheitsmaßnahmen strikt einhalten, um einen Kontakt ihrer Tiere mit Wildvögeln zu verhindern.

"Futter und Einstreu sind geeignet zu lagern, und Geflügel darf nicht mit Oberflächenwasser getränkt werden", sagte der zuständige Minister Alexander Bonde (Grüne) in Stuttgart. Auch Sachsen verstärkte die Kontrolle von Wildvögeln.

Brachten Vögel den Erreger aus Asien mit?

Die Krickente, die selbst keine Krankheitssymptome aufwies, war auf der Insel Ummanz bei Rügen gefunden worden. Diese Vögel, die in weiten Teilen Eurasiens leben, brachten möglicherweise den hochansteckenden Erreger nach Europa.

"Es ist ein weiterer Hinweis, dass Wildvögel daran beteiligt sein könnten", sagte Elke Reinking vom Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), dem Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit auf der Insel Riems.

Der Ornithologe Franz Bairlein von der Vogelwarte Helgoland hat dennoch zu mehr Offenheit bei der Suche nach den Ursachen für die jüngsten Geflügelpest-Ausbrüche in Europa gemahnt.

Der Nachweis des hochansteckenden H5N8-Virus in einer Wildente am Wochenende auf Rügen sei kein Beleg dafür, dass ein Wildvogel der Überträger auf die betroffenen Nutzgeflügelbestände ist, sagte Bairlein Deutschen Presse-Agentur.

Ornithologe: Auch Fleisch könnte als Übertragungsweg infrage kommen

"Wir müssen überlegen, wie ein so scheuer Wildvogel mit aufgestallten Puten in einem Mastbetrieb in Kontakt kommen sollte", sagte Bairlein in Anspielung auf den ersten Fall in Deutschland Anfang November in Heinrichswalde (Landkreis Vorpommern-Greifswald). Da seien noch viele Fragen offen.

Futtermittel und andere Tierprodukte, wie Fleisch, würden international gehandelt und könnten ebenso als Übertragungsweg für H5N8 in Betracht kommen, sagte Bairlein. "Die Wahrscheinlichkeit, dass die Vogelgrippe über einen Wildvogel übertragen wurde, ist nicht größer, als dass es über internationale Tierprodukte erfolgt ist." ;

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) rief alle Bundesländer zur Vorsorge auf. So solle etwa Hausgeflügel in Ställen untergebracht werden, erklärte er.

"Unklare Krankheits- oder Todesfälle müssen schnellstmöglich untersucht und bei Verdachtsfällen dem jeweils zuständigen Veterinäramt gemeldet werden." Konsequente Hygiene sei das A und O, um eine Verbreitung der Geflügelpest zu verhindern.n.

Kontakt mit Wildvögeln vermeiden

Für Mecklenburg-Vorpommern ordnete Backhaus die sofortige Unterbringung aller rund 13 Millionen Hühner, Puten und Enten sowie von anderem Nutzgeflügel in Ställen oder überdachten Volieren an.

Rund 40.000 Halter sind von dem Erlass betroffen, dessen Einhaltung von Veterinärämtern und der Polizei kontrolliert werden soll. Die Tiere dürfen auch nicht mit Wasser etwa aus Seen, Kanälen oder Pfützen getränkt werden. Damit soll jeder Kontakt mit Wildvögeln und deren Ausscheidungen verhindert werden.

Bei dem Virus in der Krickente bei Rügen handele es sich um exakt den gleichen Erreger, der bei den bisherigen Ausbrüchen in Deutschland und den Niederlanden nachgewiesen wurde, sagte Backhaus. Zu dem H5N8-Virus, das in Großbritannien festgestellt wurde, gebe es nur sehr geringe Abweichungen.

Landwirtschaftsminister fordert Geld von der EU

Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt will die Länder auffordern, ein aktives Wildvogel-Monitoring zu veranlassen - also Wildvögel zu erlegen und zu untersuchen. Damit könnten die Kenntnisse zum Vorkommen von Vogelgrippeviren vertieft werden, sagte er.

Der Minister forderte zudem Geld von der Europäischen Union zur besseren Überwachung der Vogelgrippe in Deutschland

In einem Putenmastbetrieb in Heinrichswalde im Landkreis Vorpommern-Greifswald - mehr als 50 Kilometer entfernt von dem Ort, an dem die Krickente geschossen wurde - war die Vogelgrippe Anfang November ausgebrochen. Weitere Ausbrüche der Geflügelpest gab es später auch in den Niederlanden und Großbritannien. In den Niederlanden wurde der Erreger kürzlich in einem dritten Geflügelbetrieb nachgewiesen.  (dpa)

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