Bei Kindern

Hinter Hüftschmerz kann Lyme-Arthritis stecken

Akute atraumatische einseitige Hüftschmerzen bei Kindern können auch Zeichen einer Lyme-Arthritis sein. In einem Borreliose-Endemiegebiet in den USA ließen sich fünf Prozent der Fälle darauf zurückführen.

Von Beate Schumacher Veröffentlicht:
Ein Erythema migrans infolge eines Zeckenstichs ist ein Hinweis auf eine Borreliose. Ohne Antibiotika-Therapie ist das Risiko für Spätfolgen hoch.

Ein Erythema migrans infolge eines Zeckenstichs ist ein Hinweis auf eine Borreliose. Ohne Antibiotika-Therapie ist das Risiko für Spätfolgen hoch.

© Falk / fotolia.com

BOSTON. Wenn eine Borreliose nicht im frühen Stadium behandelt wird, kommt es etwa bei der Hälfte der Patienten zu einer Gelenkbeteiligung.

Die Lyme-Arthritis ist in der Regel eine Monarthritis, meistens des Knie-, in selteneren Fällen aber auch des Hüftgelenks.

Damit gehört die Borreliose-Spätmanifestation auch in die differenzialdiagnostische Abklärung von akuten Hüftschmerzen ohne Trauma bei Kindern.

Die Schwierigkeit besteht darin, dass der Zeckenstich Monate bis Jahre zurückliegen kann und die meisten Patienten oder ihre Eltern sich nicht an einen Zeckenstich oder ein Erythema migrans erinnern können.

Ärzte der Harvard Medical School in Boston haben deswegen untersucht, wie häufig in einem Borreliose-Endemiegebiet eine Lyme-Arthritis Ursache von akuten Hüftschmerzen bei Kindern ist und welche klinischen Zeichen darauf hinweisen können.

Studie mit 385 Kindern

Die Ärzte um Dr. Richard G. Bachur werteten retrospektiv die Krankenakten von 385 Kindern aus, die wegen eines schmerzenden Hüftgelenks die pädiatrische Notfall-Ambulanz der Klinik aufgesucht hatten (JPEDS 2014; online 25. Oktober).

Eine septische Arthritis war nur bei 4,1 Prozent der Kinder diagnostiziert worden, die Mehrheit litt an einer reaktiven Arthritis (77,9 Prozent transiente Synovitiden, 4,7 Prozent Post-Streptokokken-Arthritiden) und bei 5,2 Prozent war mittels ELISA eine Lyme-Arthritis festgestellt worden.

Wären alle Kinder auf Borrelien-Antikörper getestet worden - was nicht der Fall war -, hätten bei gleicher Verteilung maximal 8,0 Prozent einen positiven Befund gehabt.

Die 20 Patienten mit Lyme-Arthritis, davon 13 Jungen, waren im Median sieben Jahre alt, fünf von ihnen hatten Fieber und bei 40 Prozent bestanden die Schmerzen seit weniger als 24 Stunden.

Die Leukozytenzahl lag im Median bei 10.200/mm3, der CRP-Wert bei 1,6 mg /dl und die Erythrozytensenkungsgeschwindigkeit bei 28 mm/h. Bei allen Ultraschall- oder MRT-Untersuchungen (n = 18) war ein Gelenkerguss zu erkennen; die Leukozytenzahl im Gelenkpunktat (n = 11) erreichte 53.460/mm3.

Allerdings eigneten sich weder Alter noch Geschlecht, Fieber, Leukozytenzahl oder CRP zur Abgrenzung einer Lyme-Arthritis von einer transienten Synovitis. Lediglich ein Anstieg der ESG war etwas häufiger mit der Borreliose-Manifestation verbunden.

Bei Verdacht auf transiente Synovitis keine routinemäßige Borrelien-Serologie

Aufgrund der eher niedrigen Prävalenz raten die Studienautoren bei Kindern mit Verdacht auf eine transiente Synovitis von einer routinemäßigen Borrelien-Serologie ab.

Eine kurze Verzögerung einer gegebenenfalls erforderlichen Antibiotikatherapie könne - anders als bei der septischen Arthritis - in Kauf genommen werden, da eine Gelenkzerstörung nicht zu befürchten sei.

Die Differenzierung zwischen Lyme- und septischer Arthritis aufgrund von Entzündungsmarkern und Synoviaanalysen hat sich bereits in früheren Untersuchungen als schwierig erwiesen.

Bei Verdacht auf eine septische Arthritis sowie bei einem klinischen Verlauf, der atypisch ist für eine transiente Synovitis, sollte daher nach Ansicht der US-Ärzte in Endemiegebieten ein Borrelien-Test in Betracht gezogen werden, insbesondere wenn die Blutkulturdiagnostik negativ ist.

Bachur und Kollegen erinnern allerdings daran, dass eine positive Borrelienserologie nicht beweisend ist für eine aktuelle Infektion, sondern auch Folge einer früheren Infektion sein kann.

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