Onkologen nutzen PET und CT im Kombipack

Philipp Grätzel von GrätzVon Philipp Grätzel von Grätz Veröffentlicht:

Wenn Professor Wolfgang Mohnike von der Zukunft der Krebsmedizin spricht, dann leuchtet es nicht nur in seinen Augen, sondern auch auf den Bildern, die er vorführt, um seine Vision zu veranschaulichen. Mohnike ist Nuklearmediziner in einer radiologischen Gemeinschaftspraxis in Berlin und besitzt einen von sieben PET/CT-Scannern in Deutschland. Die erst vor drei Jahren entwickelten Geräte kombinieren die Vorteile der Computertomographie (CT) und der Positronen-Emissions-Tomographie (PET). Sie liefern in einer halbstündigen Untersuchung sowohl Informationen über funktionelle Auffälligkeiten als auch über deren präzise Lokalisation im Körper.

Bisher werden für die PET/CT in der Onkologie vor allem Traubenzuckermoleküle benutzt, die mit einem speziellen Fluor-Atom markiert sind, welches Positronen aussendet (Fluor-18-Deoxyglukose, 18F-FDG). Positronen sind die positiv geladenen Geschwister der Elektronen. Sie entstehen bei der Umwandlung eines instabilen Protons in ein Neutron.

"Weil die Zellen vieler Tumoren einen verstärkten Traubenzuckerstoffwechsel aufweisen, können mit 18F-FDG Tumoren und Metastasen unter anderem bei nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinomen, beim kolorektalen Karzinom, bei Lymphomen, beim Brustkrebs, bei Speiseröhrentumoren und beim malignen Melanom mit großer Zuverlässigkeit nachgewiesen werden", sagte Mohnike auf einem internationalen Symposium zur PET/CT-Diagnostik in Berlin.

Der Unterschied zu anderen Verfahren ist aber nicht nur die Kombination zweier Techniken, sondern auch die Herangehensweise, die Philosophie: Denn die PET/CT ist in der Onkologie eine Ganzkörperuntersuchung. Anhänger der PET/CT sehen darin eine große Stärke: Je nach Tumor erreiche man bei der Diagnostik von Rezidiven und Metastasen sowie bei der Suche nach Primärtumoren eine Sensitivität von bis zu 100 Prozent, wie Professor Sven Reske von der Universität Ulm berichtete.

Reske hat Erfahrungen mit über 4000 PET/CT-Untersuchungen gesammelt: "Die Befunde sind einfach klarer als im reinen CT", so Reske. Er kann von Patienten berichten, bei denen durch die Verwendung der PET/CT Mediastinoskopien überflüssig wurden, Bestrahlungspläne sich änderten und der Operationsplan über den Haufen geworfen wurde.

Die Frage, die von PET/CT-Anhängern immer vernehmbarer gestellt wird, lautet: Macht es nicht medizinisch und auch ökonomisch Sinn, diese Untersuchung bei einem Verdacht auf ein kolorektales Karzinom, auf ein Bronchialkarzinom oder auf ein Lymphom, beim Tumorstaging oder bei der Rezidivdiagnostik bereits sehr früh vorzunehmen, und nicht erst, wie im Moment, als Ultima ratio?

Bevor diese Frage bejaht werden kann, fordern Kritiker weitere Studien. Sie geben zu bedenken, daß die hohe Präzision beim Aufspüren von Metastasen oft keine Zusatzinformationen liefert und deswegen das Gesundheitswesen eher verteuere.

Doch unabhängig von diesem Streit entwickelt sich das ursprünglich maßgeblich in Deutschland entwickelte Verfahren vor allem dank neuer, mit Positronenstrahlern markierter Moleküle stürmisch weiter: "In Ulm haben wir eine PET/CT mit 18F-markiertem Dopa zur Darstellung des Lokalrezidivs eines medullären Schilddrüsenkarzinom direkt an der Schädelbasis eingesetzt, an das sich kein Chirurg alleine anhand der CT-Bilder heran gewagt hätte", berichtete Reske. Auch 11C, eine PET-taugliche Variante des Kohlenstoffs, leiste gute Dienste, unter anderem als Markierung für die Aminosäure Methionin bei der Diagnostik von Nebenschilddrüsenadenomen.

Am aufregendsten findet Reske im Moment allerdings die Positronenstrahler 11C-Cholin und das haltbarere 18F-Ethylcholin, das in Ulm entwickelt wurde und das sich im Prostatakarzinom und in dessen Metastasen anreichert. Weil die vorhandenen diagnostischen Möglichkeiten beim Prostatakarzinom Mängel haben und deswegen noch immer ein Drittel der Diagnosen erst im metastasierten Stadium gestellt wird, bietet sich der PET/CT hier eine gute Chance zu demonstrieren, was sie kann.

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