Temozolomid nützt Glioblastom-Patienten

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Seit über 20 Jahren wird diskutiert, ob bei einem neu diagnostizierten Glioblastom bereits in der Primärtherapie zusätzlich zu Operation und Bestrahlung auch eine Chemotherapie sinnvoll ist. Denn bei den bisher geprüften Chemotherapie-Protokollen mit fraglichen Nutzen wurden erhebliche Raten unerwünschter Wirkungen beobachtet.

Hoffnungsvolle Ergebnisse einer aktuellen Studie mit Temozolomid könnten hier eine Wende einleiten, betonte Professor Michael Weller von der Neurologischen Universitätsklinik Tübingen auf einer Veranstaltung des Unternehmens Essex in München. Weller hat die maßgebliche, erstmals von Dr. Roger Stupp aus Lausanne beim ASCO präsentierte Studie (EORTC 26981) vorgestellt.

Einbezogen in die Studie waren 573 Patienten mit neu diagnostiziertem, histologisch gesichertem Glioblastom. Sie wurden randomisiert zwei etwa gleich große Gruppen zugeordnet, und bei allen Patienten wurde innerhalb von sechs Wochen nach Tumorresektion eine übliche sechswöchige Strahlenbehandlung mit insgesamt 30 Expositionen von je zwei Gray begonnen. 287 Patienten wurden zusätzlich chemotherapeutisch behandelt und erhielten während der sechswöchigen Bestrahlungsperiode täglich 75 mg / m2 Temozolomid oral (Temodal®) und anschließend sechs fünftägige Zyklen mit täglich 150 bis 200 mg / m2 Temozolomid oral alle vier Wochen.

Keine Progression der Erkrankung nach einem Jahr bei 27 Prozent

Durch diese zusätzliche, von den Patienten gut vertragene Chemotherapie verlängerten sich das progressionsfreie Überleben und das Gesamtüberleben signifikant (p < 0,0001), betonte Weller. Die mediane progressionsfreie Überlebenszeit betrug mit Temozolomid 6,9 Monate (Kontrolle: fünf Monate). Die mediane Gesamtüberlebenszeit war in der Prüfgruppe länger (14,6 vs. 12,1 Monate). Progressionsfrei überlebten in der Chemotherapie-Gruppe mindestens ein Jahr 27 Prozent (Kontrolle: 9 Prozent) und mindestens zwei Jahre 11 Prozent (Kontrolle: 2 Prozent). Die Zweijahres-Gesamtüberlebensrate betrug hier 26 Prozent (Kontrolle: 10 Prozent). (wst)

STICHWORT

Glioblastom

Glioblastome sind die häufigsten primären malignen Tumoren des Gehirns. Sie entwickeln sich aus entarteten Gliazellen. Spezielle Risikofaktoren, die diese überproportional nach dem 60. Lebensjahr auftretende Erkrankung begünstigen, sind nicht gesichert. In Deutschland erkranken jährlich etwa 3000 Menschen an einem Glioblastom, das unbehandelt im Mittel innerhalb von vier bis fünf Monaten nach der Diagnosestellung zum Tode führt. Mit Operation und Strahlentherapie konnte die mittlere Überlebenszeit auf etwa 12 Monate verlängert werden.

Da es bislang weder chirurgisch noch strahlentherapeutisch gelingt, sämtliche satellitenartig auch in gesundes Gewebe eingestreute Tumorzellen zu erfassen, sind Rezidive bei Glioblastomen sehr häufig, und die Prognose ist trotz fehlender Metastasierungsneigung schlecht. Durch den möglichst frühen Einsatz von gut verträglichen Chemotherapeutika wie dem bei Patienten mit rezidivierten malignen Gliomen bereits seit 1999 zugelassenen Temozolomid hofft man, residuale Tumorzellen effektiver bekämpfen und so die Situation maßgeblich verbessern zu können. (wst)

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