INTERVIEW

"Krebspatientinnen brauchen Zuversicht"

Die Diagnose Krebs trifft die Betroffenen wie ein Keulenschlag und lässt sie meist zunächst hilflos zurück. Unterstützung bietet seit 1976 der Verband "Frauenselbsthilfe nach Krebs". Die Selbsthilfeorganisation ist in zwölf Landesverbänden mit 440 Gruppen vertreten und veranstaltet gemeinsam mit ihrem finanziellen Förderer, der Deutschen Krebshilfe, Patientenkongresse und den Tag der Krebs-Selbsthilfe. "Ärzte Zeitung"-Mitarbeiterin Eva Richter sprach mit der Bundesvorsitzenden Hilde Schulte (66).

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Ärzte Zeitung: Was ist den Frauen, die zu Ihnen kommen, besonders wichtig?

Hilde Schulte: Sie brauchen Hoffnung und Zuversicht, sie wollen wahrgenommen werden mit ihren Ängsten und Gefühlen, sie haben viele unterschiedliche Fragen und keine Antworten, sie suchen in der fremden Welt des Medizinsystems nach einem individuellen Weg der Krankheitsbewältigung und wollen lernen, die Erkrankung in den Alltag zu integrieren.

Ärzte Zeitung: Wo liegen die häufigsten Probleme?

Hilde Schulte: Viele Probleme sind auf einen Mangel an Information zurückzuführen. Häufig kommen Infos erst so spät, dass die Patientin nicht mehr davon profitieren kann - sie erfährt zum Beispiel erst nach einem Jahr bei einem Gruppenbesuch, dass ihr eine Anschlussheilbehandlung zugestanden hätte. Diese muss jedoch kurzfristig nach Abschluss der Akutbehandlung angetreten werden.

Unser Gesundheitssystem ist intransparent und viele Betroffene fühlen sich vor allem an den Schnittstellen allein gelassen. Labor- und Apparatemedizin dürfen nicht Vorrang vor sprechender Medizin haben. Das Gespräch als wichtiges Instrument in den Händen des Arztes muss auch entsprechend honoriert werden.

Ärzte Zeitung: Was muss sich bei der Betreuung Krebskranker verbessern?

Hilde Schulte: Wir fordern ein qualitätsgesichertes, flächendeckendes Versorgungssystem, das sich an den Bedürfnissen von Patientinnen orientiert. Dazu gehören umfassende Aufklärung und aktive Information während der gesamten Behandlungskette, Kontaktmöglichkeiten zu Hilfsorganisationen und Hinweis auf Selbsthilfeorganisationen.

Ärzte Zeitung: Welchen Stellenwert hat dabei die Selbsthilfe?

Hilde Schulte: Die Ökonomisierung der Arztpraxen und der Zeitmangel der Ärzte schlagen sich negativ auf die Heilungschancen der Patientinnen und den Ressourcenverbrauch im Gesundheitssystem nieder. Hier können wir als Selbsthilfeverband zur Entlastung des professionellen Systems beitragen: Wir können die Infos des Arztes unterstützen, ergänzen und erläutern, wir sind Experten in Fragen der Alltags- und Lebensgestaltung, im Umgang mit Hilfsmitteln. Es gibt Bereiche, in denen der Arzt nur begrenzt, Betroffene aber um so mehr helfen können. Eine Zusammenarbeit mit Beachtung der jeweiligen Grenzen käme allen zugute.

Informationen: www.frauenselbsthilfe.de

ZUR PERSON

Hilde Schulte (Jahrgang 1941), vielfach für ihre ehrenamtliche Arbeit ausgezeichnet, ist seit März 2001 Bundesvorsitzende der Frauenselbsthilfe nach Krebs. 1989 wurde bei ihr Brustkrebs diagnostiziert.

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