Gentests via Internet: eine Hängepartie ohne Beratung

Internet-Firmen offerieren Gentests auf Alzheimer, Diabetes oder Herzinfarkt. Doch so verlockend das Angebot ist, so unsicher ist das Ergebnis und so fragwürdig der Nutzen.

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Das menschliche Genom ist sequenziert, aber noch kaum verstanden .

Das menschliche Genom ist sequenziert, aber noch kaum verstanden .

© Andrea Danti/Fotolia.com

BERLIN (ars). Die genetische Analyse von Erbkrankheiten, die von einem einzelnen Gen ausgehen, schreitet rasant voran.

Aber auch bei Volkskrankheiten, die mit vielen DNA-Abschnitten assoziiert sind, mehren sich die Erkenntnisse schnell. Für die bisher nicht therapierbare trockene altersabhängige Makuladegeneration werden auf dieser Basis jetzt Medikamente entwickelt.

Nahezu 3000 monogene Krankheiten sind aufgeklärt

"Eine unglaubliche Dynamik" bescheinigte Professor Markus Nöthen der Humangenetik beim 35. Interdisziplinären Forum der Bundesärztekammer in Berlin.

Das gilt einerseits für monogene Störungen, zu denen Mukoviszidose oder Chorea Huntington gehört: Waren 1990 erst 70 dieser Krankheiten aufgeklärt, so waren es im Jahr 2000 schon 1300; heute sind es 2900.

Es dürfte nicht mehr lang dauern, bis die etwa 2000 noch ungeklärten monogenen Krankheiten im Erbgut verortet sind, prognostizierte der Experte aus Bonn.

Und andererseits bringen die Forscher immer mehr Licht in die genetischen Anteile von Volkskrankheiten wie Diabetes, KHK, Thrombose oder Arthritis.

Bei der trockenen altersbedingten Makuladegeneration ist gar ein Durchbruch gelungen: 2005 stellte sich heraus, dass Mutationen im Gen für Komplement H das Krankheitsrisiko bis zum 12-fachen erhöhen.

Durch die Veränderungen kann der Faktor die Komplementkaskade schlecht bremsen, so dass die Netzhaut chronisch entzündet ist. Derzeit werden Arzneistoffe geprüft, die in diese Stoffwechselwege eingreifen.

Multifaktorielle Störungen sind schwer einzuschätzen

Allgemein jedoch lassen sich bei Volkskrankheiten persönliche Risiken schwer bestimmen, weil ein Netz aus Genen, epigenetischen Mechanismen und Umweltfaktoren beteiligt ist.

"Mit Sorge" sieht Professor Peter Propping aus Bonn daher die Direct-To-Consumer-Tests, die Firmen im Internet anbieten. Eine Speichelprobe genügt, ärztliche Beratung fehlt, die Kunden sind mit Prozentzahlen allein gelassen.

Entweder könnten sie die Gefahr überschätzen und sich ängstigen, zumal wenn Prävention oder Therapie nicht möglich ist. Oder sie wiegen sich in falscher Sicherheit und nehmen das Resultat als Freibrief für ungesundes Leben.

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