Eierstockkrebs

Was ist die beste Therapie im Frühstadium?

Seit Langem gibt es Unstimmigkeiten darüber, welche Behandlung bei Frauen mit Ovarialkarzinom im Frühstadium die richtige ist. Jetzt gibt es neue 10-Jahres-Daten, die Klarheit bringen könnten.

Von Christina Berndt Veröffentlicht:
Adjuvante Chemotherapie ja oder nein? Wie sind Patientinnen mit frühem Ovarialkarzinom richtig beraten?

Adjuvante Chemotherapie ja oder nein? Wie sind Patientinnen mit frühem Ovarialkarzinom richtig beraten?

© Alexander Raths/iStock/Thinkstock

LEEDS. Bis heute ist die beste systemische Behandlung bei Ovarialkarzinom im Frühstadium unklar. Klinische Studien sind eine Herausforderung, weil die Inzidenz des Tumors in diesem Stadium niedrig ist und die Prognose gut.

In den 1990er-Jahren wurden zwei Studien initiiert, die die Frage der adjuvanten Chemotherapie bei frühem Ovarialkarzinom klären sollten: ICON 1 (International Collaborative Ovarian Neoplasm Trial) und ACTION (Adjuvant Chemotherapy in Ovarian Neoplasm Trial).

In der Studie ICON 1 wurden Frauen mit einem Ovarialkarzinom untersucht, bei denen im Anschluss an die R0-Resektion des Tumors Unsicherheit darüber bestand, ob eine adjuvante Chemotherapie indiziert war.

Insgesamt 477 Patientinnen wurden in der Studie randomisiert: 241 Frauen erhielten direkt eine adjuvante Chemotherapie.

Empfohlen wurde eine Platin-basierte Behandlung; 87 Prozent bekamen eine Carboplatin-Monotherapie. 236 Patientinnen erhielten keine adjuvante Chemotherapie, sondern wurden erst bei der eindeutigen Indikation systemisch behandelt.

Erste Ergebnisse der ICON 1-Studie zeigten sowohl hinsichtlich des rezidivfreien (RFS) als auch des Gesamtüberlebens (OS) signifikante Vorteile (RFS: Hazard Ratio [HR] 0,65; 95%-Konfidenzintervall [95%-KI] 0,46- 0,91; p = 0,01 und OS: HR 0,66, 95%-KI 0,45-0,97; p = 0,03) (Natl Cancer Inst. 2003; 95:125-32).

Adjuvante Chemotherapie besser

Jetzt liegen die 10-Jahres-Daten dieser Studie vor (Ann Oncol. 2014;25:1165-71). Nach einem mittleren Follow-up von zehn Jahren lag die Hazard Ratio für das rezidivfreie Überleben bei 0,69 (p = 0,02) und für das Gesamtüberleben bei 0,71 (p = 0,04) zugunsten der Chemotherapie.

Die Anteil der Patientinnen, die zehn Jahre rezidivfrei überlebte, stieg durch die Chemotherapie um zehn Prozentpunkte von 60 auf 70 Prozent (HR 0,69, 95%-KI 0,51-0,94; p = 0,02). Außerdem verbesserte sich die Gesamtüberlebensrate um neun Prozentpunkte von 64 auf 73 Prozent(HR 0,71, 95%-KI 0,59-0,98; p = 0,04).

Zu Beginn der ICON 1-Studie war eine Hochrisikogruppe definiert worden. Darin fanden sich alle Patientinnen im Stadium 1B/1C vom Grad 2/3 sowie im Stadium 1 vom Grad 3 oder mit klarzelliger Histologie.

Bei dieser Hochrisikogruppe schien der Nutzen der adjuvanten Chemotherapie noch größer zu sein: Das Gesamtüberleben war nach zehn Jahren im Vergleich zur Gruppe ohne Chemotherapie um 18 Prozentpunkte verbessert (HR 0,52, 95%-KI 0,33-0,81; p = 0,004).

Ungewiss blieb jedoch das optimale Chemotherapieregime: Die Studiendaten der 120 Patientinnen im Stadium 1, bei denen Carboplatin mit Carboplatin/Paclitaxel verglichen werden konnte, ergaben einen höheren Nutzen der Monotherapie.

Der Risikoquotient für das progressionsfreie Überleben lag bei 0,71, der für das Gesamtüberleben bei 0,98. Allerdings waren die Konfidenzintervalle relativ weit.

Die verlängerte Nachbeobachtungszeit der ICON-1-Studie bestätigt, dass Patientinnen mit Ovarialkarzinom im Frühstadium eine adjuvante Chemotherapie angeboten werden sollte — vor allem denen mit relativ hohem Risiko.

Die Wissenschaftler um Fiona Collinson empfehlen, Carboplatin als Monotherapie einzusetzen.

Leitliniengerecht vorgehen!

2013 veröffentlichten die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) und die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) die S3-Leitlinie. Basis für die Therapie des frühen Ovarialkarzinoms ist das optimale Staging.

Im Falle einer unerwarteten Diagnose eines Ovarialkarzinoms soll die definitive Behandlung den Leitlinien zufolge ausdrücklich durch einen Gynäkoonkologen erfolgen.

Patientinnen, die einen unilateralen Tumor im Stadium FIGO I aufweisen, können unter Umständen fertilitätserhaltend operiert werden. Allerdings fordert die Leitlinie, diese Patientinnen über das — abhängig von den Prognosefaktoren — erhöhte Risiko eines fertilitätserhaltenden Vorgehens aufzuklären.

Für die systemische Primärtherapie des frühen Ovarialkarzinoms wird in den Leitlinien folgendes Vorgehen empfohlen:

  • Bei Patientinnen mit Ovarialkarzinom im Stadium FIGO IA Grad 1 nach komplettem operativem Staging soll keine adjuvante Chemotherapie durchgeführt werden.
  • Patientinnen mit Ovarialkarzinom im Stadium FIGO IC oder IA/B und Grad 3 sollen eine Platin-haltige Chemotherapie über sechs Zyklen erhalten.
  • Bei Patientinnen mit Ovarialkarzinom im Stadium FIGO IA G2, IB G1/2 kann eine platinhaltige Chemotherapie angeboten werden.
  • Dabei sollte die Chemotherapie grundsätzlich Carboplatin enthalten und über sechs Zyklen andauern.
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