Neue Untersuchung

Kann Krebs direkt das Herz schädigen?

Bestimmte Krebsmedikamente sind schädlich fürs Herz, das ist lange bekannt. Doch vielleicht schädigt auch der Krebs selbst den Herzmuskel. Darauf deutet zumindest eine Untersuchung hin.

Philipp Grätzel von GrätzVon Philipp Grätzel von Grätz Veröffentlicht:
Herzecho bei einem Krebspatienten: Ist die Kontraktionsfähigkeit des Myokards noch normal?

Herzecho bei einem Krebspatienten: Ist die Kontraktionsfähigkeit des Myokards noch normal?

© Zsolt Nyulaszi / panthermedia.net

SEVILLA. Doxorubicin ist der Klassiker unter jenen Chemotherapeutika, die den Herzmuskel direkt schädigen. Aber auch eine Reihe anderer Zytostatika und auch einige Vertreter der neuen, zielgerichteten Therapien gehen besonders bei längerfristiger Einnahme aufs Herz. Eine höhere Rate an Myokardinfarkten und mehr Herzinsuffizienz gehören zu den Folgen.

Kardiologen um Dr. Rajdeep S. Khattar vom Royal Brompton Hospital in London wollen jetzt Hinweise darauf gefunden haben, dass maligne Tumore das Herz auch direkt schädigen können, ganz unabhängig von den Anti-Tumor-Therapien.

Über ihre auf eine Echokardiographie-Studie zurückgehenden Erkenntnisse berichteten sie bei der Tagung EuroEcho-Imaging 2015, die Teil des großen Kongresses EACVI der European Society of Cardiology in Sevilla war.

Kontraktilität im Visier

An der britischen Studie nahmen insgesamt 99 Probanden teil, die alle zu Beginn eine normale Ejektionsfraktion (EF) aufwiesen, definiert als 55 Prozent oder besser. 43 von ihnen waren Krebspatienten, die aktuell eine Anti-Tumor-Therapie erhielten oder eine solche Behandlung kürzlich erhalten hatten.

36 Probanden hatten ebenfalls Krebs, waren aber ohne Tumorbehandlung. Außerdem gab es 20 gesunde Probanden als Kontrollen, die hinsichtlich Alter und Geschlecht auf die Krebspatienten abgestimmt waren.

Dysfunktion ohne Krebstherapie

Um die Studie sensitiver zu machen, wurde als Maß für die Kardiotoxizität von Therapie und/oder Tumor nicht, wie sonst üblich, ein Abfall der Ejektionsfraktion herangezogen, sondern der Echo-Parameter "myokardiale Verformung" (myocardial strain). Er erlaubt Rückschlüsse auf die Kontraktionsfähigkeit des Myokards.

In mehreren Chemotherapiestudien sei gezeigt worden, dass dieser Parameter als Prädiktor für einen späteren Abfall der Ejektionsfraktion genutzt werden könne, so Khattar. Das Ergebnis erstaunte die Kardiologen: Sowohl bei den behandelten Krebspatienten als auch in der Gruppe der unbehandelten Krebspatienten war die myokardiale Verformung reduziert.

Und dieser Befund war auch noch in beiden Gruppen ähnlich ausgeprägt. "Es gab also in beiden Patientengruppen eine myokardiale Dysfunktion, obwohl die Ejektionsfraktion noch normal war", so Khattar.

Eine andere Studie, die in eine ähnliche Richtung deutete, gab es bereits. Im September hatten österreichische Kardiologen in der Zeitschrift "Heart" (2015; 101(23): 1874-80) über erhöhte kardiovaskuläre Biomarker bei Krebspatienten berichtet, ebenfalls unabhängig von der Therapie. Möglicherweise produzieren maligne Tumorerkrankungen diese Biomarker, die dann sekundär das Herz angreifen.

Mehr Infos zu Kardiologie gibt es auf: www.springermedizin.de

Mehr zum Thema

Apogepha

EU-Kommission lässt Ryzneuta® zu

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Führen den BVKJ: Tilo Radau (l.), Hauptgeschäftsführer, und Präsident Michael Hubmann im Berliner Büro des Verbands.

© Marco Urban für die Ärzte Zeitung

Doppel-Interview

BVKJ-Spitze Hubmann und Radau: „Erst einmal die Kinder-AU abschaffen!“

Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch.

© Rolf Schulten

Interview

Diakonie-Präsident Schuch: Ohne Pflege zu Hause kollabiert das System