Studie

Die meisten Deutschen haben hohe Glyphosat-Rückstände im Urin

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BERLIN. Fast jeder Deutsche hat einer Studie zufolge Rückstände des Unkrautvernichters Glyphosat im Urin. Das geht aus einer am Freitag veröffentlichten Erhebung hervor, hinter der die Bürgerinitiative Landwende steht und die in der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin präsentiert wurde.

Basis sind Urin-Proben von rund 2000 Testpersonen. Demnach sind die Glyphosatrückstände im Urin bei 75 Prozent der Probanden mit mindestens 0,5 µg pro Liter fünfmal so hoch wie der Grenzwert für Trinkwasser mit 0,1 µg pro Liter. Insgesamt ließen sich bei 99,6 Prozent der Probanden Rückstände nachweisen.

Glyphosat steht im Verdacht, krebserregend zu sein. Menschen kommen mit dem Herbizid über Lebensmittel, Trinkwasser oder die Arbeit der Landwirtschaft in Kontakt. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sieht jedoch keine Gefahr für die Gesundheit.

Das BfR betonte am Freitag, Glyphosatnachweise im Urin seien in geringen Konzentrationen zu erwarten. "Sie zeigen, dass Glyphosat, vorwiegend mit dem Urin, rasch wieder ausgeschieden wird."

Die frühere Leiterin des Instituts für Bakteriologie und Mykologie der Uni Leipzig, Monika Krüger, erklärte, dass weitere Untersuchungen nötig seien. Offen seien etwa Zusammenhänge zwischen Glyphosat-Belastung und bestimmten Erkrankungen. Das von ihr mitgegründete Labor Biocheck-Holzhausen hatte die Proben untersucht. Demnach haben Männer deutlich mehr Rückstände im Urin als Frauen.

Kinder und Jugendliche scheinen zudem stärker belastet zu sein als andere Altersgruppen. Vegetarier und Veganer haben demnach indes weniger Rückstände im Urin. Nach Angaben der Autoren handelte es sich bei den Proben allerdings um Einpunktbestimmungen - nicht etwa um Sammelurin über 24 Stunden hinweg.

Zudem sei die Datenbasis bei Kindern vergleichsweise gering gewesen."Uns überraschen die Werte überhaupt nicht. Sie liegen in einer Größenordnung, die wir jüngst bei unserer eigenen Langzeitmessung im Urin von 400 Studierenden gefunden hatten", erklärte die Präsidentin des Umweltbundesamtes, Maria Krautzberger, am Freitag.

Der Fund von Glyphosat im Urin sei angesichts der langjährigen und intensiven Ausbringung des Mittels kaum verwunderlich.Krautzberger betonte: "Wichtig ist, einzelne Pflanzenschutzmittel nicht isoliert zu betrachten oder sich auf einzelne Wirkstoffe einzuschießen. Es ist der intensive Einsatz der Mittel in ihrer Gesamtheit, der ökologisch nicht nachhaltig ist."In wenigen Tagen könnte auf europäischer Ebene über eine erneute Glyphosat-Zulassung entschieden werden.

Die EU-Kommission plädierte zuletzt für eine Verlängerung bis 2031. Der Wirkstoff ist seit rund 40 Jahren auf dem Markt und steckt inzwischen in zahlreichen Pflanzenschutzmitteln. Rund 5000 Tonnen Glyphosat landen jährlich auf deutschen Äckern, das sind 15 Prozent der gesamten Pestizidmenge. (dpa)

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