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Kaffee könnte Leberkrebs-Gefahr senken

Ist Kaffee krebserregend? Dafür gibt es keine Belege, hat jetzt die WHO herausgefunden. Ganz im Gegenteil: Es gibt Hinweise, dass das Heißgetränk das Risiko für zwei bestimmte Tumoren senkt.

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Kaffee schwarz.

Kaffee schwarz.

© Claudio Baldini / Fotolia.com

LYON / BERLIN. Eine Behörde der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieht keine Belege für ein erhöhtes Krebsrisiko durch Kaffee.

Stattdessen gebe es sogar Hinweise darauf, dass das Getränk die Gefahr für zwei Tumorarten senke, schreibt die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC) in ihrem am Mittwoch vorgelegten Bericht.

Darin mahnt sie außerdem, der Genuss sehr heißer Getränke erhöhe wahrscheinlich die Gefahr für das Ösophaguskarzinom. Dies gelte vermutlich ab Temperaturen über 65 Grad Celsius, sagte der IARC-Epidemiologe Dana Loomis.

In Europa sei der Genuss so heißer Getränke aber nicht üblich. Zwei unabhängige Experten bezeichneten die neue Einstufung als plausibel.

500 Studien ausgewertet 

Für den Bericht wertete eine Arbeitsgruppe die bestehende Fachliteratur aus. Allein für Kaffee sichteten die 23 Experten laut Loomis etwa 500 Ernährungsstudien mit Menschen und ähnlich viele Tier- und Laborversuche. Die IARC hatte Kaffee im Jahr 1991 als möglicherweise krebserregend eingestuft.

Grundlage waren damals Studien, die eine Verbindung des Getränks mit Blasenkrebs belegten. Viele davon hätten aber nicht genügend berücksichtigt, dass Menschen, die viel Kaffee trinken, eher rauchten, räumt die Behörde nun ein. Tabakkonsum steigert ja das Risiko für Blasenkrebs deutlich.

Der neue Bericht verweist auf eine Fülle von Studien, die keine Verbindung sehen zwischen Kaffee und Tumoren von Brust, Prostata und Pankreas. Für mehr als 20 andere gängige Tumore - etwa von Lunge oder Magen - könne man keine Aussage treffen, heißt es weiter.

Allerdings gebe es Hinweise darauf, dass Kaffee das Risiko für Tumore von Leber und Gebärmutter senke. Zu den diversen Sorten des Kaffees und den Formen der Zubereitung äußert sich die Behörde nicht.

Die Einstufung bedeute nicht, dass Kaffeekonsum sicher sei, sondern lediglich, dass die vorhandenen Daten keine Schlüsse erlaubten. Ähnlich bewertet das Gremium auch Mate-Tee, der aus dem in Südamerika verbreiteten Matestrauch gewonnen wird und seit 1991 als wahrscheinlich krebserregend galt.

Die Auswertung neuer Studien ergab jedoch, dass die Häufung von Ösophaguskarzinom in Teilen Südamerikas wohl nicht auf Mate an sich zurückgeht, sondern darauf, dass das Getränk meist extrem heiß konsumiert wird.

"Hängt von der Temperatur ab"

Auch in anderen Weltregionen, in denen Menschen Tee sehr heiß trinken, etwa Zentral- und Ostasien sowie Ostafrika, entwickeln auffällig viele Menschen Tumore der Speiseröhre. Weltweit ist dies die achthäufigste Krebsform.

"Es hängt nicht sehr von dem Getränk ab, sondern von der Temperatur", sagte Loomis. In Versuchen an Tieren steigerte auch Wasser ab einer Temperatur von 65 Grad Celsius die Wahrscheinlichkeit für Tumore der Speiseröhre. Daher stuft die Agentur den Konsum sehr heißer Getränke als wahrscheinlich krebserregend ein.

Der Mechanismus der Krebsentstehung sei zwar nicht geklärt, betont die Gruppe. Aber vermutlich verursache die Hitze Zellschäden, als deren Spätfolge Krebs auftreten könne. In Europa nehme man Getränke nicht so heiß zu sich, sagte Loomis. Tee trinke man mit einer Temperatur von etwa 60 Grad, Kaffee sogar noch kühler.

"Heiße Getränke können zu Verletzungen und Schädigungen der Speiseröhre führen und damit auch das Risiko von Krebs erhöhen", sagte Gunter Kuhnle von der britischen Universität Reading, der nicht an dem Bericht mitwirkte.

Schäden an der DNA

Rudolf Kaaks vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg ergänzte: "Verbrennungen durch heiße Getränke können im Nachhinein entzündungsartige Reaktionen verursachen."

Diese könnten etwa die DNA schädigen oder die Apoptose, den programmierten Zelltod, verhindern. "Der Einschätzung würde ich folgen", betonte Kaaks. "Der Prozess der Prüfung durch die IARC ist sehr umfassend."

Einige Bewertungen der Behörde zum Krebsrisiko bestimmter Stoffe hatten im vergangenen Jahr Aufsehen erregt: Die Agentur hatte verarbeitetes Fleisch als krebserregend eingestuft und das Pflanzenschutzmittel Glyphosat als wahrscheinlich krebserregend. (dpa)

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