Forschung

Mit Viren aggressiven Krebs besiegen

Neues aus der Onkologie-Forschung zum Welt-Pankreaskrebs-Tag: Forscher konnten Pankreaskrebs verlangsamen und wollen Viren einsetzen, die die Tumore zerstören könnten.

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Im Bereich Krebs wird intensiv geforscht.

Im Bereich Krebs wird intensiv geforscht.

© kasto / Fotolia

HEIDELBERG. Während bei den meisten Krebsarten Fortschritte in der Vorbeugung, Früherkennung und Therapie die Sterblichkeitsraten senken konnten, steigen sie bei Pankreaskrebs kontinuierlich, teilt das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) zum Welt-Pankreaskrebs-Tag am 17. November mit.

Daher suchen Forscher intensiv nach molekularen Ursachen für die besondere Bösartigkeit dieser Krebsart und wollen Angriffspunkte für Therapien identifizieren.

Dopamin-Rezeptor im Verdacht

So haben etwa DKFZ-Molekularbiologen um Jörg Hoheisekürzlich entdeckt, dass ein Rezeptor für Dopamin Wachstum und Ausbreitung von Pankreaskrebs fördert. Dopamin-Antagonisten verlangsamten in Mäusen das Tumorwachstum und bremsten die Metastasierung, heißt es in der Mitteilung.

Die Forscher wollen nun möglichst rasch untersuchen, ob diese Arzneien auch bei Patienten den Krankheitsverlauf günstig beeinflussen.

Eine weitere Entdeckung am DKFZ: Pankreaszellen haben die Fähigkeit zur Metastasierung oft bereits entwickelt, bevor sich eine Zelle überhaupt in eine Krebszelle verwandelt hat. Dazu drosseln die Zellen eine bestimmte microRNA, die normalerweise die Invasionsfähigkeit unterdrückt.

Zellen breiten sich früh aus

Das widerspricht der klassischen Vorstellung, dass Krebszellen erst im Laufe des Tumorwachstums durch mehrere aufeinanderfolgende Mutationen dazu in die Lage versetzt werden, sich vom Tumor zu lösen und auf Wanderschaft zu gehen.

Eine weitere molekulare Ursache für die Bösartigkeit von Pankreaskrebs deckten Ana Martin-Villalba und ihr Team auf. Die DKFZ-Forscher fanden, dass Pankreaskrebszellen deutlich mehr des Rezeptorproteins CD95 auf ihrer Oberfläche tragen als gesunde Zellen des Organs.

CD95 fördert die Metastasierung und die Fähigkeit, neue Tumoren zu initiieren. Pankreaskrebszellen, die besonders viel CD95 bildeten, zeigten die deutlichsten Merkmale des Programms in Richtung Bösartigkeit. Krebszellen aus Metastasen trugen darüber hinaus mehr CD95 als Zellen des Primärtumors, heißt es in der Mitteilung.

Ein neuer Wirkstoff, APG101, vereitele den Kontakt zwischen den CD95-Molekülen auf der Oberfläche der Krebszellen mit ihrem spezifischen Bindungspartner. Blockierten die Forscher bei Mäusen CD95 mit APG101, so wuchsen die Tumoren langsamer und bildeten weniger Metastasen.

Aus dem DKFZ und dem Heidelberger Stammzellinstitut HI-STEM kommt die Entdeckung, warum manche Tumoren des Pankreas so resistent gegen die Behandlung sind. Es zeigte sich, dass die Krebszellen große Mengen des Enzyms CYP3A5 produzieren, das viele Medikamente in der Zelle schnell abbaut und dadurch unwirksam macht.

Drei Arten per Test bald nachweisbar?

Die Forscher um Andreas Trumpp und Martin Sprick entwickelten einen Test, mit dem sich drei Arten von Pankreaskrebs nachweisen lassen, die sich in ihrer Aggressivität, aber auch in ihrem Ansprechen auf Medikamente unterscheiden. Sie stellten fest, dass Zellen des resistenten Tumortyps besonders viel CYP3A5 produzieren, teilt das Forschungszentrum mit.

Es sei den Stammzellforschern gelungen, das Enzym in Tumorzellen und sogar in tumortragenden Mäusen gezielt zu blockieren, die Zellen dadurch wieder für die Medikamente empfindlich zu machen und so das Tumorwachstum zu blockieren.

Die Wissenschaftler entwickeln und testen nun mögliche Wirkstoffe, die CYP3A5 blockieren und auch bei Patienten angewendet werden könnten.

Die beiden Ärzte Guy Ungerechts und Christoph Springfeld starten derzeit eine klinische Studie, mit der sie erproben wollen, ob sich fortgeschrittener Bauchspeicheldrüsenkrebs mit Viren behandeln lässt.

Parvorviren können Krebs töten

Im DKFZ hat Jean Rommelaere seit Anfang der 1990er Jahre die krebstötenden Eigenschaften von Parvorviren des Stamms H1 untersucht. Gefördert von der Oryx GmbH, entwickelte der DKFZ-Virologe gemeinsam mit Ärzten von der Neurologischen Universitätsklinik Heidelberg das Parvovirus H1 ("ParvOryx") zu einer Virustherapie weiter.

Die Sicherheit dieser Therapie wurde bereits in einer klinischen Studie belegt, zunächst an Patienten mit bösartigen Hirntumoren. Nun soll sich zeigen, ob ParvOryx auch beim metastasierten Pankreaskarzinom wirksam sein kann.

Ungerechts hofft, dass das Virus eine Immunantwort sowohl gegen den Tumor als auch gegen seine Metastasen auslöst. Die aktuelle Studie solle prüfen, ob eine solche Immun-Virotherapie gegen diese lebensbedrohliche Krebserkrankung in Zukunft neue Therapieoptionen schaffen kann.

Bis diese vielversprechenden Forschungsergebnisse klinisch erprobt und im günstigsten Fall zu verbesserten Behandlungen beitragen, wird aber einige Zeit vergehen. (eb)

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