Hautkrebs

Wer bald stirbt, braucht keine aggressive Therapie

Eine Studie mit Hautkrebspatienten zeigt: Weniger ist mehr, wenn sich das Leben dem Ende nähert. Befolgt wird der Rat von Ärzten oft nicht.

Dr. Robert BublakVon Dr. Robert Bublak Veröffentlicht:
In der Studie wurden die Daten von 1360 Hautkrebspatienten, überwiegend mit Basalzellkarzinomen, ausgewertet.

In der Studie wurden die Daten von 1360 Hautkrebspatienten, überwiegend mit Basalzellkarzinomen, ausgewertet.

© Dr. Matthias Eberhardt / Arteria Photography

SAN FRANCISCO. Für welche Therapien entscheiden sich Ärzte, wenn ihre Patienten nur noch eine limitierte Lebenserwartung (LLE) haben und was bringen die Therapien?

Das haben Forscher um die Dermatologin Eleni Linos von der University of California in San Francisco untersucht.

In einer prospektiven Kohortenstudie haben sie mehr als 1500 konsekutive Patienten mit Hautkrebs Nicht-Melanom-Typ (NMHK) über im Median neun Jahre nachbeobachtet (JAMA Intern Med. 2013; online 29. April).

Daten von 1360 Hautkrebspatienten ausgewertet

In die Endauswertung gelangten die Daten von 1360 Patienten mit 1739 NMHK-Läsionen, weit überwiegend Basalzellkarzinomen.

332 Patienten mit 428 Tumoren fielen unter die LLE-Kategorie - sei es, weil sie älter als 85 Jahre waren, sei es, weil ihr Komorbiditätsindex nach Charlson einen Wert von 3 oder höher aufwies.

Bei einem Charlson-Index von 3 beträgt die Ein-Jahres-Mortalität im Schnitt 52 Prozent.

Das Ergebnis der Studie lautet kurz gefasst: Ob ein Patient voraussichtlich bald sterben wird oder nicht, spielt für die Therapieentscheidung keine Rolle.

Insgesamt wurden 69 Prozent aller Tumoren herausgeschnitten, 34 Prozent auf dem Wege der Mohs-Chirurgie, einem besonders langwierigen und belastenden Verfahren.

Bei den LLE-Patienten waren die Zahlen ähnlich: 70 Prozent wurden operiert, 34 Prozent nach der Mohs-Methode. 25 Prozent der Tumoren wurden destruiert, also mit Kryotherapie, Elektrochirurgie, Kürettage, Laser oder Bestrahlung behandelt. 3,3 Prozent blieben unbehandelt.

Zwar besteht kein Zweifel, dass NMHK unabhängig von der sonstigen Prognose behandelt werden muss, sofern er Beschwerden verursacht oder zum Beispiel in lebenswichtige Strukturen einwächst. Doch waren 73 Prozent der Tumoren in der LLE-Gruppe asymptomatisch.

Unerwünschte Folgen bei jedem fünften LLE-Patienten

Die Fünf-Jahres-Rezidivrate der Geschwülste lag unter 4 Prozent. Schon dies weckt den Verdacht, dass nur wenige LLE-Patienten eine Chance hatten, von der aggressiven chirurgischen Therapie zu profitieren.

Denn nach fünf Jahren waren bereits 43 Prozent und nach zehn Jahren 77 Prozent von ihnen tot; kein einziger war seinem Hautkrebs erlegen. In der Non-LLE-Gruppe erreichten die Sterberaten 11 Prozent und 33 Prozent.

Während einerseits der Nutzen ausblieb, stellten sich andererseits eine Reihe von Komplikationen ein: Jeder fünfte LLE-Patient berichtete über unerwünschte Folgen, besonders Wundheilungsstörungen, Taubheitsgefühl, Juckreiz oder Schmerzen.

"Die Befunde zeigen, dass viele Patienten vermutlich nicht lange genug leben, um von der NMHK-Therapie zu profitieren", schreiben die Forscher. Die Risiken, die mit der Behandlung verbunden sind, hätten sie gleichwohl zu tragen.

Linos und ihre Kollegen fordern daher: "Erwägungen zur Lebenserwartung müssen in die Entscheidung einfließen, wie der jeweilige NMHK-Patient zu behandeln ist."

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Was nicht nützt, schadet

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