Orales Plattenepithel-Ca

Neue Patienten mit alter Krankheit

Rauchende Trinker und trinkende Raucher, zumeist schon älter, stellten über lange Zeit die typischen Patienten mit oropharyngealem Plattenepithelkrebs dar. Seitdem HPV-positive Tumoren um sich greifen, hat sich das Bild jedoch gewandelt.

Dr. Robert BublakVon Dr. Robert Bublak Veröffentlicht:
Plattenepithel-Ca: Die "alten" Patienten waren gehäuft Konsumenten von Tabak und Alkohol, die "neuen" sind vermehrt mit HPV infiziert.

Plattenepithel-Ca: Die "alten" Patienten waren gehäuft Konsumenten von Tabak und Alkohol, die "neuen" sind vermehrt mit HPV infiziert.

© Dr. Hans Schulz, Bergkamen

BOSTON. Wie aus Zahlen aus den USA hervorgeht, haben oropharyngeale Plattenepithelkarzinome, die mit humanen Papillomaviren (HPV) assoziiert sind, im Zeitraum zwischen den Jahren 1988 und 2004 um 225 Prozent zugenommen.

Es wird jetzt von Dermatologen und Onkologen damit gerechnet, dass die Inzidenz von oropharyngealen Plattenepithelkarzinomen bis zum Jahr 2020 die Inzidenz von Zervixkrebs, dem klassischen durch humane Papillomaviren ausgelösten Karzinom, überholt. Denn während Plattenepithelkarzinome in anderen Körperregionen auf dem Rückzug sind, nehmen sie im Oropharynx zu.

Keine traditionellen Risikofaktoren

Mit der Zunahme der Tumoren, die mit humanen Papillomaviren assoziiert sind, verändert sich auch die Patientenklientel, die mit oropharyngealen Plattenepithelkarzinomen vorstellig wird. Tabak und Alkohol sind traditionelle Risikofaktoren, doch die "neuen" Patienten haben damit wenig zu tun.

Viele HNO-Ärzte in der Praxis aber sind noch an den konventionellen Patientengruppen geschult. Unter dem Motto "Jung, Nichtraucher, Nichttrinker, HPV-positiv" haben HNO-Spezialisten aus den USA um Daniel Deschler von der Harvard Medical School in Boston nun wesentliche Aspekte des Umgangs mit oropharyngealen Plattenepithelkarzinomen in der HPV-Ära in einem Übersichtsartikel dargestellt (Otolaryngol Head Neck Surg 2014, online am 12. Juni).

Die Publikation erfolgte in der Zusammenarbeit mit dem Head and Neck Surgery and Oncology Committee of the American Academy of Otolaryngology.

Der typische Patient, der mit HPV-positiven oropharyngealen Plattenepithelkarzinomen in die Sprechstunde des Arztes kommt, ist männlich und im Vergleich zu früheren Tumorpatienten jünger, meist im fünften oder sechsten Lebensjahrzehnt. Tabak- und Alkoholkonsum sind nicht ausgeprägt.

Diese Gruppe von Patienten weist ein fortgeschrittenes Tumorstadium auf. Meist ist es eine Schwellung am Hals, die den Patienten zum Arzt führt, der Primärtumor ist üblicherweise klein, wenn er überhaupt auffindbar ist.

Tonsillektomie ist zu erwägen

Ist trotz sorgfältiger Suche kein Primärherd auszumachen, empfiehlt sich eine Tonsillektomie, weil die Mandeln - wie das auch für den Zungengrund gilt - ein bevorzugter Sitz des Primarius sind.

Bringt die Gewebediagnostik dagegen kein Resultat, ist eine Neck-Dissection überlegenswert. Erforderlich sind zudem immunhistochemische Tests auf humane Papillomaviren beziehungsweise p16.

Denn bei allem Übel haben die neuen Tumoren auch ihr Gutes: Ihre Prognose ist besser als jene der klassischen oropharyngealen Plattenepithelkarzinome. "Ist die HPV-Positivität einmal bestätigt, zieht dies erhebliche prognostische Konsequenzen nach sich", betonen Deschler und seine Kollegen.

Die Heilungsraten lägen bei HPV-positiven oropharyngealen Plattenepithelkarzinomen signifikant höher: Drei Jahre nach der Diagnose leben noch 82,1 Prozent der Patienten mit HPV-positiven und 57,1 Prozent der Patienten mit Tumoren ohne humane Papillomaviren, schreiben die Studienautoren.

Nach derzeitigem Kenntnisstand sollte der Status, ob bei einem Patienten humane Papillomaviren vorliegen oder nicht, nichts am therapeutischen Vorgehen ändern.

Die guten Erfolge bei HPV-positiven oropharyngealen Plattenepithelkarzinomen erlauben es aber, weniger strenge Therapieprotokolle zu erwägen.

Auf diese Weise könnten die guten Behandlungsresultate erhalten bleiben, während die therapiebedingten unerwünschten Wirkungen gemildert würden, und zwar sowohl kurzfristig wie auch langfristig. wie die Studienautoren bestätigen.

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