Darmkrebs-Aktion: Positive Bilanz im Betrieb

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Bei sechs Mitarbeitern deutete der Stuhltest auf eine Neoplasie. Alle gingen zur Darmspiegelung.

Bei sechs Mitarbeitern deutete der Stuhltest auf eine Neoplasie. Alle gingen zur Darmspiegelung.

© Prof. Jürgen Riemann

Ein Arbeitsmediziner aus Mannheim beschreibt eine von ihm selbst betreute Aktion zur Darmkrebsfrüherkennung. Bei mehreren Mitarbeitern eines mittelständischen Chemie-Unternehmens wurden Polypen gefunden, ein Teilnehmer war bereits an Darmkrebs erkrankt.

Von Michael Sehling

MANNHEIM. In einem mittelständischen Unternehmen wurde eine Aktion zur Früherkennung von Darmkrebs mit positiver Bilanz abgeschlossen: Die Beteiligung unter den 550 Mitarbeitern war gut. Bei drei Teilnehmern wurden teilweise schon maligne veränderte Polypen entdeckt und kurativ entfernt. Bei einem weiteren Mitarbeiter stellte sich eine Läsion sogar als Karzinom heraus.

Dr. Michael Sehling

Aktuelle Position: Als niedergelassener Arbeitsmediziner betreut Dr. Michael Sehling mittelständische Unternehmen in der Metropolregion Rhein-Neckar.

Werdegang /Ausbildung: Facharzt für Arbeitsmedizin und für Allgemein-, Umwelt- und Sportmedizin.

Karriere: Außerdem ist Sehling Vorsitzender des Landesverbands Baden im Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte vdbw.

Auslöser der Aktion in dem Chemie-Unternehmen war die plötzliche Darmkrebserkrankung einer jüngeren Mitarbeiterin. Sensibilisiert durch die Stiftung LebensBlicke, äußerte die Geschäftsleitung den Wunsch nach einer Früherkennungsaktion (vdbw aktuell 4/2009).

Das betriebsärztliche Team entschied sich für einen immunologischen Schnelltest zum qualitativen Nachweis von humanem Hämoglobin im Stuhl (PreventID®  CC). Der Hersteller, das Unternehmen Preventis in Bensheim, gibt eine Sensitivität von 86 Prozent an, gemessen mit Elisa als Referenzmethode bei einem Schwellenwert von 20 µg Hb/g Stuhl.

Dadurch ist es möglich, selbst schwach blutende Polypen im Frühstadium zu erfassen. Die hohe Sensitivität in Kombination mit einer Spezifität bis zu 92 Prozent ist ein deutlicher Vorteil dieses immunologischen Tests gegenüber dem herkömmlichen, auf Guajakfarbstoff basierenden Stuhltest (Aliment Pharmacol Ther 2006; 23: 145).

Das Besondere an der Studie war, dass das betriebsärztliche Team die Tests direkt in der Ambulanz auswertete und den Probanden das Resultat schriftlich mitteilte. Sonst werden die Tests zur Auswertung meist an ein Labor geschickt.

In einer ersten Phase von drei Wochen wurden die Mitarbeiter an Aktionstagen persönlich angesprochen. 169 von 550 ließen sich Teströhrchen geben, von 115 kamen Stuhlproben zurück. Bei sechs ergaben die Tests die Möglichkeit einer Neoplasie.

Die Teilnehmer mit "positivem" Ergebnis wurden zu einem Gespräch mit dem Betriebsarzt eingeladen, alle gingen danach zur Darmspiegelung. Bei zweien ließ sich der Verdacht ausschließen, als Erklärung für die Blutung wurde ein Hämorrhoidalknoten vermutet.

Bei drei der sechs stellten sich als Ursache ein bis mehrere Polypen heraus, die mit der Schlinge abgetragen wurden. Bei zwei von ihnen waren bereits maligne Veränderungen eingetreten, die jedoch im Gesunden entfernt werden konnten. Bei einem Teilnehmer lag ein ausgedehnter Tumor mit Infiltration in die Media vor. Dieser Darmabschnitt wurde operativ entfernt. Da die Lymphabflusswege kein Tumorgewebe enthielten, war keine Chemotherapie nötig.

Drei Monate später wurde allerdings bei einem Mitarbeiter, der ebenfalls bei der Aktion mitgemacht hatte, aber ohne entsprechenden Befund, doch ein Darmtumor festgestellt. Als Symptom hatte er Schmerzen im Oberbauch bekommen. Also war zumindest bei einem Teilnehmer der Test falsch negativ verlaufen.

Der Zeitaufwand für die Aktion und die Vorbereitungen betrugen mit 40 Einsatzstunden ungefähr eine Arbeitswoche. Die Auswertung der abgegebenen Tests dauerte etwa acht Stunden. Wenn man bedenkt, dass dadurch bei drei Teilnehmern Frühveränderungen und bei einem ein Karzinom diagnostiziert wurde, erscheint dieser Aufwand mehr als gerechtfertigt.

An Material müssen etwa fünf Euro pro Test gerechnet werden. Die Teilnehmerquote war mit rund 20 Prozent ähnlich hoch wie bei einer Darmkrebsstudie im Unternehmen BASF (Dtsch Med Wochenschr 2004; 129: 239).

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