Zum 55. Geburtstag eine Einladung zur Darmspiegelung

Mit einem "Aktionsbündnis gegen Darmkrebs" wollen Betriebskrankenkassen wieder mehr Menschen für die Vorsorge gewinnen. Die Idee: Die Versicherten zwischen 50 und 55 Jahren erhalten eine andere Möglichkeit zur Früherkennung als die Koloskopie.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Mit einem immunologischen Test sollen Versicherte ihr Darmkrebsrisiko überprüfen lassen.

Mit einem immunologischen Test sollen Versicherte ihr Darmkrebsrisiko überprüfen lassen.

© Preventis GmbH

KÖLN. Die Darmkrebsfrüherkennung ist ein zu wichtiges Thema, um die niedrigen Teilnahmeraten tatenlos hinzunehmen. Mit einem "Aktionsbündnis gegen Darmkrebs" wollen Betriebskrankenkassen ihre Versicherten deshalb über ein gezieltes Einladeverfahren zur Vorsorge motivieren.

Im Fokus steht dabei nicht nur die Koloskopie für alle ab 55. Den Versicherten zwischen 50 und 55 legen die Kassen auch die Abklärung durch einen immunologischen Stuhltest ans Herz - den sie auch denjenigen empfehlen, die vor der Darmspiegelung zurückschrecken.

Das Projekt, das am 1. Juli startet, steht unter der Schirmherrschaft von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP).

Partner der Betriebskrankenkassen sind die Felix Burda Stiftung, die Stiftung Lebensblicke, das Netzwerk gegen Darmkrebs, der Berufsverband niedergelassener Gastroenterologen Deutschlands und die "Ärzte Zeitung".

Vorsorge: Teilnehmerzahlen sinken

Die 2002 eingeführte Vorsorge-Koloskopie wird nur von drei Prozent der Berechtigten wahrgenommen, die Tendenz ist rückläufig.

Um an der unbefriedigenden Entwicklung etwas zu ändern, haben der BKK-Landesverband Nordwest und der BKK Bundesverband die Initiative ergriffen und das "Aktionsbündnis gegen Darmkrebs" ins Leben gerufen.

"Unser Ziel ist die verbesserte Prävention von Darmkrebs", sagt Dr. Alfons Schröer, Leiter der Abteilung Gesundheitsförderung beim BKK Bundesverband. Deshalb müsse man sich Wege überlegen, um die Teilnahmeraten zu erhöhen.

"Wir wollen nicht abwarten, sondern einen gewissen Sog erzeugen, damit die Versicherten die Angebote in Anspruch nehmen", sagt Schröer.

Die teilnehmenden Kassen machen ihren Versicherten zum 55. Geburtstag ein Geschenk der besonderen Art: Sie schicken ihnen eine Einladung zur Koloskopie.

Bleibt das Schreiben wirkungslos, erhalten die 55-Jährigen erneut Post. Die Kasse empfiehlt ihnen, einen immunologischen Stuhltest zu machen.

Darüber hinaus fordern die Kassen auch die 50- bis 54-Jährigen auf, an der Darmkrebs-Früherkennung teilzunehmen und sich einen solchen Stuhltest zusenden zu lassen.

Die BKKen übernehmen dafür die Kosten. Da das Verfahren noch keine Kassenleistung ist, müssen sich die Kassen die Initiative als Modellvorhaben von der Aufsicht genehmigen lassen.

"Wir gehen davon aus, dass die zurzeit im Einsatz befindlichen Stuhltests nicht mehr up to date sind und deshalb ersetzt werden sollten", erläutert Schröer. Welche immunologischen Tests verwandt werden, spiele grundsätzlich keine Rolle. In dem Projekt kooperieren die BKKen mit der Firma Care diagnostica.

Hausärzte erhalten Informationen über KVen

Das Einladungs-Verfahren läuft von Juli 2012 bis Juli 2013. "Wir wollen das Thema Darmkrebs nicht durch einzelne Aktionen, sondern über ein ganzes Jahr aus der Tabuzone holen", sagt Joachim Wolf, Vorstandsvorsitzender der E.ON Betriebskrankenkasse, der die Idee zu dem Projekt hatte.

Bislang haben sich rund 40 Betriebskrankenkassen zur Teilnahme am Aktionsbündnis entschlossen. Wolf hofft, dass sich gerade über die BKKen von großen Unternehmen viele Versicherte motivieren lassen.

Die niedergelassenen Ärzte sollen über die KVen von der Aktion informiert werden. Mit der Benachrichtigung, dass der Stuhlbluttest bei ihnen positiv war, bekommen Versicherte auch ein Schreiben für den Hausarzt.

Es enthält Informationen über den Test und die Bitte, den Patienten zur Koloskopie zu überweisen. Das Unternehmen Care diagnostica bittet die Ärzte, nach erfolgter Koloskopie einen anonymisierten Fragebogen auszufüllen. Das wird mit 20 Euro vergütet.

Das Projekt wird wissenschaftlich begleitet vom Institut für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie der Universität Duisburg-Essen.

Dabei geht es darum, den zusätzlichen Nutzen des Einladungsverfahrens ebenso zu untersuchen wie den Einsatz der immunologischen Tests. Geplant ist ein Symposium über die Perspektiven der optimierten Darmkrebsprävention.

Lässt sich belegen, dass das Einladungsverfahren Wirkung zeigt und die Teilnahmeraten erhöht, wird sich das Vorgehen breit durchsetzen, hoffen die Initiatoren.

 www.bkk-gegen-darmkrebs.de

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Darmkrebsaktion - BKKen als Vorbild

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