Darmkrebs-Screening

28 Koloskopien, um ein Karzinom zu verhindern

In einer Dekade ließen sich mit der Vorsorgekoloskopie in Deutschland etwa 180.000 Darmkrebserkrankungen verhindern. Der präventive Effekt könnte aber deutlich stärker sein, stiege die Akzeptanz des Screenings.

Veröffentlicht:
10 Jahre Vorsorge-Koloskopie - eine Erfolgsgeschichte.

10 Jahre Vorsorge-Koloskopie - eine Erfolgsgeschichte.

© Albertinen KH / Endoskopiebilder.de

HEIDELBERG. Die Zehnjahresdaten des Programms zur Vorsorgekoloskopie bestätigen den Nutzen für Teilnehmer im Alter ab 55 Jahre: Bei etwa 4,4 Millionen Koloskopien von 2002 bis 2012 sind demnach etwa 180.000 kolorektale Karzinome verhindert worden - die meisten bei Untersuchten bis zum Alter von 75 Jahren (97 Prozent).

Danach müssen 28 Koloskopien vorgenommen werden, um eine Krebsvorstufe zu entdecken und so eine Darmkrebserkrankung zu verhindern, berichten Forscher um Professor Hermann Brenner vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg (Clin Gastroent and Hepatology 2014; online 10. September).

Mehr als 40.000 Kolorektalkarzinome sind dabei früher entdeckt worden, als das ohne das Screening der Fall gewesen wäre, und zwar in einem Stadium, in dem noch eine Heilung möglich war. Somit wird bei 121 Darmspiegelungen bis zum Alter von 80 Jahren ein kolorektales Karzinom entdeckt, so die Epidemiologen.

In dem Programm war das bei etwa 25.000 Männern und 16.000 Frauen der Fall. Am größten ist die Wahrscheinlichkeit, ein Karzinom zu verhindern, durch ein Koloskopiescreening im Alter um 60 Jahre (bis zu 5 Prozent bei Männern und 3,5 Prozent bei Frauen, dagegen bei weniger als 2 Prozent der Teilnehmer im Alter von 80 Jahren).

Nur wenige Überdiagnosen

Insgesamt gab es nach Angaben der Wissenschaftler nur 4500 Überdiagnosen, also Krebserkrankungen, die entdeckt worden sind, die sich aber zu Lebzeiten ohne Screening nicht zu einem klinisch manifesten Karzinom entwickelt hätten.

Bei den Überlegungen berücksichtigt wurden die Entwicklungen von einem nicht fortgeschrittenen über ein fortgeschrittenes Adenom und eine präklinische Vorstufe zum klinisch manifesten Karzinom.

Nach den Berechnungen führt also nur eine von 1089 Untersuchungen zu einer Überdiagnose. Bei Männern, die jünger als 75 sind, liegt der Anteil unter 0,4 Prozent.

Zum Vergleich: Beim PSA-Screening bei Männern im Alter zwischen 50 und 74 Jahren liegt diese Rate einer Berechnung aus dem vergangenen Jahr zufolge zwischen 2,3 Prozent und 3,3 Prozent (Ann Int Med. 2013; 158: 145).

Nach Ansicht der Wissenschaftler wird das Koloskopie-Screening die Inzidenz des Kolorektalkarzinoms in Deutschland künftig weiter deutlich senken. Diese Entwicklung könnte verstärkt werden, wenn die Akzeptanz des Screenings größer wäre. "Das endoskopische Screening ist echte Prävention", wird Brenner in einer Mitteilung des DKFZ zitiert.

Nach Angaben der Forscher haben etwa 22 Prozent der berechtigten Frauen und 20 Prozent der berechtigten Männer in dem Zehnjahreszeitraum an dem Koloskopiescreening teilgenommen. (ple)

Mehr zum Thema

Vergleichsstudie

Multitarget-Stuhltest verbessert Darmkrebs-Screening

Modellrechnung

Eltern erkrankt? Dann lohnt sich ein frühes Darmkrebsscreening

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Führen den BVKJ: Tilo Radau (l.), Hauptgeschäftsführer, und Präsident Michael Hubmann im Berliner Büro des Verbands.

© Marco Urban für die Ärzte Zeitung

Doppel-Interview

BVKJ-Spitze Hubmann und Radau: „Erst einmal die Kinder-AU abschaffen!“

Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch.

© Rolf Schulten

Interview

Diakonie-Präsident Schuch: Ohne Pflege zu Hause kollabiert das System