Darmkrebs

Zweiter Blick entdeckt mehr

Bei der Vorsorgekoloskopie wird gut ein Viertel der Adenome im rechten Kolon übersehen. Die Detektionsrate lässt sich durch erneute Inspektion verbessern; eine Inversion des Koloskops bringt keinen Vorteil.

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Polypen unter 10 mm Durchmesser werden bei der Koloskopie des rechtsseitigen Kolons häufig übersehen.

Polypen unter 10 mm Durchmesser werden bei der Koloskopie des rechtsseitigen Kolons häufig übersehen.

© Klaus Rose

MISSOURI. Die Koloskopie ist die Methode der Wahl, um Neubildungen der Kolonschleimhaut zu entdecken und zu behandeln. Die Polypektomie reduziert die Mortalität des kolorektalen Karzinoms um 50 Prozent. Die Mortalität des linksseitigen Kolonkarzinoms kann effektiv gemindert werden, nicht aber die des rechtsseitigen Kolons.

Die Polypen im rechtsseitigen Kolon sind oft flach und klein und können deshalb leicht übersehen werden. Sie liegen auf der Rückseite von Haustren oder auf der Innenseite der rechten Kolonflexur, Bereiche, die endoskopisch schwer einsehbar sind.

Inversion versus zweiter Blick

Seit vielen Jahren ist bekannt, dass die Inversion des Geräts im Colon ascendens die Rate von detektierten Polypen um ungefähr 10 Prozent erhöht. Die größte Studie dazu wurde mit zirka 200 Patienten 2011 durchgeführt (Gastrointest Endosc 2011; 74: 246-252). Aus Tandem-Untersuchungen ist bekannt, dass eine zweite Koloskopie in der Lage ist, die Detektionsrate von Adenomen um bis zu 27 Prozent zu erhöhen.

In der vorliegenden Studie verglichen die Autoren die beiden Methoden Inversion und zweiter Blick direkt miteinander, um bei einer statistisch ausreichenden Zahl von Patienten die Frage zu beantworten, welche der beiden Methoden die höhere Adenomdetektionsrate (ADR) hat (Am J Gastroenterol 2015; 110: 415-422).

Es wurden 934 Patienten untersucht, die sich ambulant in zwei amerikanischen Universitätskliniken zu Vorsorgekoloskopien oder zu Kontrollkoloskopien nach Polypektomie vorstellten. 850 Patienten konnten randomisiert werden, bei denen die Darmreinigung adäquat war.

Die Koloskopie erfolgte bis zur Basis des Coecums. Alle eventuell vorkommenden Polypen wurden entfernt. Das Instrument wurde bis zur rechten Kolonflexur zurückgezogen. Danach erfolgte je nach Studiengruppe eine erneute Inspektion des rechtsseitigen Kolons in konventioneller Weise oder die Inspektion des rechtsseitigen Kolons aus der Inversionsposition.

Die Inversion des Koloskops im proximalen Kolon war bei 421 (94 Prozent) von 450 Patienten technisch möglich. Bei 29 Patienten war dies wegen Schlingenbildung oder verminderter Kolonmobilität nicht möglich.

Bei der ersten Evaluation des rechtsseitigen Kolons wurden durchschnittlich 0,38 Adenome pro Patient gefunden. Die zweite Untersuchung des proximalen Kolons ergab in beiden Gruppen die gleiche Zahl von zusätzlich gefundenen Adenomen: 0,09 in der Inversionsgruppe und 0,12 bei Patienten, die konventionell prograd ein zweites Mal untersucht wurden.

Kleine Polypen oft übersehen

Aus den Daten lässt sich errechnen, dass 20 bis 27 Prozent der kleinen Polypen bei der ersten Untersuchung des rechtsseitigen Kolons übersehen wurden. Die Polypen hatten einen durchschnittlichen Durchmesser von 5 mm, alle bei der ersten Untersuchung übersehenen Polypen waren < 10 mm. Bei den konventionell untersuchten Patienten wurden zehn kleine Polypen mehr entdeckt als mit der Inversion, was statistisch nicht signifikant ist.

Der Unterschied ist möglicherweise zurückzuführen auf eine um 0,5 Minuten längere Untersuchungszeit. Histologisch handelte es sich in beiden Gruppen in 10 bis 15 Prozent um Adenome.

Die Analyse der unabhängigen Variablen, die mit dem Übersehen von Polypen im rechtsseitigen Kolon einhergingen, waren neben dem Lebensalter des Patienten die Zahl der vorhandenen Polypen und ein geringes Vertrauen des Endoskopikers in sein Ergebnis.

"Die Studie bestätigt, dass die Übersehensrate von Polypen im rechtsseitigen Kolon hoch ist", kommentiert Professor Reinhard Büchsel, Evangelisches Krankenhaus Hubertus, Berlin, die Studiendaten auf www.springermedizin.de. Ein zweiter Blick sei erforderlich.

Die Inversion im rechtsseitigen Kolon sei zwar bei fast allen Patienten möglich, bringe jedoch keinen Vorteil gegenüber einer zweiten prograden Untersuchung, so Büchsel. Der zeitliche Aufwand für eine gründliche Zweituntersuchung sei offenbar entscheidend.

Alle Bemühungen, die optische Qualität der Untersuchung des rechtsseitigen Kolons zu verbessern, seien lohnend. Büchsel: "Am aussichtsreichsten scheint die Entwicklung von Endoskopen mit einer 330°-Weitwinkeloptik im Vergleich zur 170°-Standardoptik zu sein. Aktuelle Daten zeigen eine Verbesserung der globalen Adenomdetektionsrate von bis zu 43 Prozent (Lancet Oncol 2014; 15: 353-360)". (eb)

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