Brustkrebs-Kampagne stärkt die Arzt-Patienten-Bindung

WUPPERTAL (iss). Mit einer bundesweiten Informationskampagne unter dem Motto "Brustkrebs - Was nun?" wollen die Barmer Ersatzkasse und die Frauenselbsthilfe nach Krebs dazu beitragen, dass Patientinnen aktiver in die Behandlung einbezogen werden.

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"Jede Patientin hat einen Anspruch, auf sie zugeschnittene Informationen zu erhalten, und das Recht, sich aktiv an der Planung ihrer Therapie zu beteiligen", so Birgit Fischer, stellvertretende Barmer-Vorsitzende beim Auftaktsymposium in Wuppertal.

Im Zentrum der Kampagne stehen eine DVD und eine schriftliche Orientierungshilfe für die Patientinnen. Sie gibt den Frauen Ratschläge für die Zeit zwischen Diagnose und Behandlungsbeginn und macht ihnen Mut, aktiv Infos einzufordern. Der Film auf der DVD schildert am Beispiel von zwei Frauen den Weg zur Therapie und liefert auf diese Weise viele Sachinfos. Das Material wird an die niedergelassenen Frauenärzte geschickt und kann von diesen auch bei der Barmer abgerufen werden.

Neue Broschüre beschreibt den Weg zur Therapie

Zwar gebe es schon einiges Infomaterial zu Brustkrebs, die komplexe Zusammenhänge und Therapieoptionen beschreiben, sagte Hilde Schulte, die Bundesvorsitzende der Frauenselbsthilfe nach Krebs. "Aber es gibt noch kein Material, das die schwierige Situation von der Diagnose bis zur Therapieentscheidung beschreibt, das die vielfältigen Möglichkeiten und unterschiedlichen Wege bei Brustkrebs darlegt und es gibt kaum visuelle Informationen." Die Materialien sollen zur Stärkung der Patientenkompetenz beitragen und Ärzten Anregungen für das Gespräch mit der Patientin geben.

"Die Stärkung der Patientin und deren Förderung als Partnerin des Arztes sind unser erklärtes Ziel", sagte Barmer-Vize Fischer. Mit der Einrichtung von zertifizierten Brustzentren und den Disease-Management-Programmen seien die Strukturen bei der Behandlung von Frauen in den vergangenen Jahren deutlich verbessert worden. So habe sich die Quote der Fälle, bei denen die Brustkrebsoperation ohne präoperative Diagnosesicherung vorgenommen wurde, von 42 Prozent im Jahr 2003 auf 22 Prozent 2005 verringert. Gleichzeitig sei die Rate der minimalinvasiven Stanzbiopsien von 46 Prozent auf 67 Prozent gestiegen, berichtete sie.

Die neuen Angebote erreichten aber noch längst nicht alle betroffenen Frauen. Bei der Barmer seien 15 000 Frauen im DMP-Brustkrebs eingeschrieben, das seien 25 Prozent der Betroffenen, berichtete sie. Nur 57,6 Prozent der Patientinnen mit Brustkrebs wurden 2006 in einem Brustzentrum operiert. "Bei einem großen Teil der Frauen funktionieren die neuen Kooperationen noch nicht", berichtete Fischer. Ein Problem sei häufig die mangelnde Information der Frauen über die ihnen zur Verfügung stehenden Angebote.

Dem niedergelassenen Gynäkologen komme eine entscheidende Rolle dabei zu, für eine optimale Versorgung der Patientinnen zu sorgen. "Er kann die Abstimmung mit den Ärzten des Brustzentrums und weiteren an der Behandlung Beteiligten übernehmen", sagte sie.

Niedergelassene sind wichtige Ansprechpartner

"Der wesentliche Begleitprozess bei der Krankheit findet außerhalb der Praxis bei uns statt", bestätigte Dr. Rolf Maek, niedergelassener Frauenarzt in Essen. Häufig würden die Gynäkologen die Patientinnen bereits seit vielen Jahren kennen und hätten ein Vertrauensverhältnis aufgebaut. Dreh- und Angelpunkt bei der Versorgung sei die Zeit, die für die Diagnosestellung und das Gespräch zur Verfügung steht. "In der sensiblen Phase nach der Sicherung der Diagnose müssen wir als Ansprechpartner in Anspruch genommen werden können", sagte Maek. Den Niedergelassenen werde es in den Praxen allerdings schwer gemacht, sich die Freiräume zu schaffen.

Die Arbeit mit den Disease Management Programmen und die sich neu entwickelnden kooperativen Strukturen haben sich nach der Erfahrung von Maek bewährt. In Essen sei es Ende vergangenen Jahres gelungen, die zeitliche Beschränkung der Lymphdrainage bei Brustkrebs-Patientinnen durch die Heilmittelbudgets auszuhebeln. Mit der Barmer und der AOK Rheinland habe man eine unbegrenzte Behandlung durchsetzen können. "Wir konnten das tun, weil wir uns untereinander kannten", sagte Maek.



Versorgung auf dem Prüfstand

Das Zentrum für Versorgungsforschung Köln (ZVFK) hat von Februar bis Juli 2006 Patientinnen befragt, die in einem von 49 Brustzentren wegen eines Mammakarzinoms operiert worden waren. Von 3535 Patientinnen antworteten 3131. "So eine extrem hohe Rücklaufquote habe ich noch nie erlebt", sagte ZVFK-Sprecher Professor Holger Pfaff.

Er stellte Ergebnisse der Befragung vor. Danach gaben 88,8 Prozent der Frauen an, dass die Ärzte gefragt hätten, ob die Patientinnen mit ihren Entscheidungen einverstanden waren. 93,4 Prozent der Ärzte gaben eine vollständige Erklärung der Krankheitssymptome beziehungsweise der Behandlung. Aber nur 53,9 Prozent ermutigten die Patientinnen, über ihre Sorgen zu sprechen und 53,5 Prozent wollten die Meinung der Patientinnen über die Behandlung hören.

55,5 Prozent der Frauen sagten von sich selbst, dass sie die Ärzte eine Menge über die Krankheitssymptome gefragt hätten. 77,4 Prozent erklärten ihre Beschwerden sehr genau und 76,1 Prozent baten die Ärzte, ihnen die Behandlung beziehungsweise das weitere Vorgehen genauer zu erklären.

68,6 Prozent der Frauen gaben an, dass sie sich an wichtigen Entscheidungen bezüglich Diagnose und Behandlung beteiligt hätten. 55,6 Prozent hatte ihre Meinung zu geplanten Behandlungen gesagt. (iss)

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