INTERVIEW

Internisten-Update - neue Chancen für Krebspatienten

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Kann man Krebs-Rezidiven mit gesunder Ernährung vorbeugen? Offenbar ja, so Professor Kanz aus Tübingen im Gespräch mit Gabriele Wagner von der "Ärzte Zeitung". Zumindest für Brustkrebs gibt es Daten, wonach eine fettarme Kost das Rezidiv-Risiko senkt. Die Studie wird beim Internisten Update in Wiesbaden kritisch diskutiert werden, sagte Kanz, einer der wissenschaftlichen Leiter des Updates.</</b>

"Zumindest Brustkrebs-Patientinnen kann man nun sagen: Es nutzt offenbar, den Fettanteil in der täglichen Ernährung auf unter 20 Prozent zu reduzieren." Professor Lothar Kanz Universität Tübingen

Ärzte Zeitung: Eine Frage, die Krebs-Patienten ihren Ärzten oft stellen, ist: Wie soll ich mich ernähren?

Professor Lothar Kanz: Zumindest Brustkrebs-Patientinnen kann man nun sagen: Es nutzt offenbar, den Fettanteil in der täglichen Ernährung auf unter 20 Prozent zu reduzieren. In einer neuen Studie gelang es damit, bei Patientinnen mit Brustkrebs, die in kurativer Intention behandelt worden waren, das Rezidiv-Risiko signifikant zu reduzieren. Allerdings müssen die Patientinnen eingehend beraten und betreut werden; nur einen Infoflyer zu gesunder Ernährung zu verteilen nützt nicht. Die Studie ist jedenfalls sehr interessant - und wird kritisch beim Internisten Update diskutiert werden.

Ärzte Zeitung: Was gibt es zum Beispiel Neues zu Lungenkrebs?

Kanz: Es gibt jetzt Daten, dass beim kleinzelligen Bronchial-Karzinom auch im metastasiertem Stadium eine prophylaktische Ganzhirn-Bestrahlung das Überleben verlängert. Bislang erfolgte das nur im limitierten Krankheitsstadium. In dieser Situation kann man mit einer Ganzhirn-Bestrahlung die Wahrscheinlichkeit von späteren ZNS-Metastasen senken.

Jetzt konnte gezeigt werden, dass bei Patienten mit fortgeschrittener Krankheit, bei denen eine Ganzhirn-Bestrahlung bislang wegen der insgesamt sehr schlechten Prognose nicht durchgeführt wurde, diese Bestrahlung nicht nur das Auftreten von ZNS-Metastasen reduziert, sondern vor allem das Überleben signifikant verlängert. Das kann nur bei Patienten mit ordentlichem Allgemeinzustand und Ansprechen auf die Systemtherapie als neuer Therapie-Standard angesehen werden.

Ärzte Zeitung: Ein Problem bei Chemotherapien können kardiotoxische Effekte sein. Ist man da weiter gekommen?

Kanz: Es gibt verschiedene kardiotoxische Therapeutika, am bekanntesten sind vielleicht die Anthrazykline. Es gibt verschiedene Ansätze, wie Patienten möglichst geschützt werden könnten, vor allem diejenigen, die bereits eine kardiale Vorschädigung aufweisen.

Direkten Schutz vor kardiotoxischen Effekten verspricht Dexrazoxan. Das Medikament gibt man als Kurzinfusion 30 Minuten vor einer Anthrazyklin-Therapie. Dadurch konnte die Rate kardialer Effekte deutlich reduziert werden.

Besonders auch für Internisten interessant ist eine Publikation zu einer anderen Strategie: Mit einem ACE-Hemmer kann die Wahrscheinlichkeit eines kardialen Ereignisses infolge einer Anthrazyklintherapie signifikant gesenkt werden. Diskutiert wird, ab welchem Zeitpunkt und wie lange diese prophylaktische Therapie sinnvoll ist. Auch unter Kostenaspekten ist dieser Ansatz sehr attraktiv.

Ärzte Zeitung: Aber ACE-Hemmer schützen doch nicht direkt vor den kardiotoxischen Effekten?

Kanz: Den direkt kardiotoxischen Effekt der Anthrazykline selbst, der über Radikale läuft, kann ein ACE-Hemmer primär nicht antagonisieren. Der Herzschutz resultiert wohl aus den von der Behandlung bei Herzinsuffizienz bekannten herzentlastenden Effekten.

Ärzte Zeitung: Eine neue Strategie zeichnet sich auch bei Immun-Thrombozytopenischer Purpura ab.

Kanz: Bei der ITP zeichnet sich eine neue vielversprechende Option für Patienten ab, die nach Standardtherapie (einschließlich Splenektomie) weiter eine schwere Thrombozytopenie aufweisen: Es handelt sich um einen Thrombopoetin-Agonisten. Bislang versucht man bei solchen Patienten den Einsatz von Immunsuppressiva wie Ciclophosphamid oder Rituximab. In Zukunft hätte man somit eine weitere Option. Bislang ist dieser Thrombopoetin-Agonist aber noch nicht zugelassen.

Zur Person

Professor Lothar Kanz ist unter anderem Ärztlicher Direktor der Abteilung für Hämatologie, Onkologie, Klinische Immunologie, Rheumatologie und Pulmonologie sowie Sprecher des Interdiziplinären Tumorzentrums der Uni Tübingen.

Internisten Update in Wiesbaden

Am 23. und 24. November findet im Kurhaus Wiesbaden das Internisten Update 2007 statt. Die Veranstaltung ist mit 16 CME-Punkten zertifiziert. Sie bietet einen kompakten Überblick über neue und wichtige Studiendaten zu allen Teilgebieten der Inneren Medizin. Das Seminar ist zugleich das offizielle Update der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM), die Schirmherrin ist.

Weitere Infos und Anmeldung: www.internisten-update.de

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