Zytostatika-Effekt auf Tumorzellen aus dem Blut getestet

Bei Brustkrebs hoffen Forscher mit Hilfe von Tumorzellen im Blut, die Wirksamkeit einer Chemotherapie frühzeitig beurteilen zu können.

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Mit einem grün markierten Antikörper (CD326-FITC) lassen sich epitheliale Tumorzellen, die den Marker CD326 haben, sichtbar machen.

Mit einem grün markierten Antikörper (CD326-FITC) lassen sich epitheliale Tumorzellen, die den Marker CD326 haben, sichtbar machen.

© Foto: Pachmann

HEIDELBERG. Viele Frauen mit Brustkrebs erhalten heute eine adjuvante Chemotherapie, obwohl ein Teil von ihnen bereits durch Op, Strahlentherapie und die sich häufig anschließende Hormontherapie geheilt ist. Ob Patientinnen mit Tumorresten im Körper auf die Chemotherapie ansprechen, zeigt sich in der Regel erst im Krankheitsverlauf, wenn sie metastasenfrei bleiben.

Ein Testverfahren für zirkulierende Tumorzellen im Blut hat Professor Katharina Pachmann aus Bayreuth beim 14. Internationalen Kongress der Gesellschaft für Biologische Krebsabwehr e.V. in Heidelberg vorgestellt. Mit einem automatisierten Mikroskop (Laser-Scanning-Zytometrie oder Bildanalyse) lassen sich im Blut epitheliale Zellen von den Blutzellen unterscheiden und quantitativ bestimmen.

Für die Analyse wird 1 ml Blut benötigt. Nach der Lyse der Erythrozyten wird ein grün fluoreszierender Antikörper gegen ein Oberflächenmolekül (HEA, humanes epitheliales Antigen) hinzugegeben. Da solide Tumoren aus epithelialen Zellen bestehen, könne man davon ausgehen, dass es sich bei den meisten epithelialen Zellen um ins Blut gewanderte Tumorzellen handelt, so die Labormedizinerin. Die Zellen werden mit Fluoreszenzfarbstoffen markiert und gezählt. Zellwachstum oder -abnahme wird prozentual dokumentiert.

An Studie in Jena nahmen 91 Patientinnen teil

Pachmannn berichtete von einer Untersuchung zusammen mit der Uni-Frauenklinik in Jena, an der 91 Brustkrebspatientinnen teilgenommen hatten. Ihnen wurde vor, während und nach einer Chemotherapie Blut entnommen und die Zahl epithelialer Zellen im Blut bestimmt. Unterschieden wurden drei Gruppen: Frauen mit sinkender, gleich bleibender und steigender Tumorzellzahl während der Chemo.

Mit grünem Marker lassen sich die Krebszellen aufspüren.

"Diejenigen mit steigender Tumorzellzahl während der Chemotherapie hatten in den folgenden 40 Monaten zwölfmal häufiger einen Krankheitsrückfall erlitten als jene mit sinkender Tumorzellzahl", erläuterte Pachmann. Somit sieht sie eine klinische Bedeutung der Veränderung der Zahl lebender epithelialer Zellen im Blut für die Prognose. Dies könne ein Hinweis auf die Entwicklung von Metastasen sein, sagte die Wissenschaftlerin. Entscheidend dabei sei die Kinetik. Steige die Zellzahl unter Chemotherapie oder in der Nachsorge kontinuierlich, müsse von einem höheren Rückfallrisiko ausgegangen werden, so Pachmann. Auch bei anderen Krebsarten wie Melanom, Lungen-, Prostata- und Kolonkarzinom seien die im Blut zirkulierenden Zellen von Bedeutung, so Pachmann.

Test in vitro mit mehreren Zytostatika-Dosierungen

Für den Chemosensitivitätstest werden den epithelialen Zellen in vitro unterschiedliche Konzentrationen von Zytostatika hinzugefügt und die Zellsterberate mit Propidiumiodid - einem rot fluoreszierenden Marker - über einen bestimmten Zeitraum verfolgt. Nach Angaben von Pachmann haben Anthrazykline bei über der Hälfte der Proben die beste Wirkung gezeigt, und zwar mit einem Tumorzellrückgang bis zu 90 Prozent, gefolgt von Taxanen.

Die in vitro erreichten Zellsterberaten durch Zytostatika hätten signifikant mit der Tumorzellabnahme in vivo korreliert, sagte Pachmann. Entsprechende Ergebnisse seien auch bei der neoadjuvanten Therapie erzielt worden. Inwieweit Patienten tatsächlich von Therapien profitieren werden, die individuell auf Chemosensitivität getestet worden seien, müsse in Studien geklärt werden.(bd)

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