Brustkrebs mit 27

"Das war wie der Zug, der dich überrollt"

Christiane Wader erkrankt mit 27 Jahren an Brustkrebs. Ihre wechselhafte Krankengeschichte ist auch eine Abfolge von Kontakten mit verschiedenen Ärzten, die ihr immer wieder Mut machen.

Von Pete Smith Veröffentlicht:
Christiane Wader erkrankte an Brustkrebs - außerdem wurde bei ihr eine spezielle Form der BRCA1-Genmutation festgestellt.

Christiane Wader erkrankte an Brustkrebs - außerdem wurde bei ihr eine spezielle Form der BRCA1-Genmutation festgestellt.

© Pete Smith

FRANKFURT/MAIN. Es ist ein Tag Anfang Dezember 2009, der ihr Leben für immer verändert. Christiane Wader hat einen Termin bei ihrer Gynäkologin, die drei Monate zuvor in der Nähe ihres Brustbeins eine Zyste entdeckt hatte. Ein Routine-Check, denkt sie, doch die Untersuchung verläuft anders als erwartet.

Im Ultraschall ist ein Tumor zu sehen. Obwohl die Gynäkologin die Geschwulst für gutartig hält, schickt sie ihre Patientin postwendend zu einem auf Mammografien spezialisierten Radiologen.

Nach einer erneuten Sonografie gibt dieser seiner Kollegin recht, zumal in Christiane Waders Familie bislang keine Frauen an Brustkrebs erkrankt sind.

"Ich verstehe es selbst nicht, aber es ist Krebs"

"Der Termin zur Mammografie wurde zunächst für einen Monat später vereinbart, die daraufhin angesetzte Stanzbiopsie dann von ihm zwei- oder dreimal verschoben", erzählt Wader, die damals 27 Jahre alt war.

"Irgendwann habe ich dann Druck gemacht, weil ich nervös wurde. Im Februar hatte ich endlich meinen Termin und bekam schon tags darauf einen Anruf. Der Radiologe sagte: ‚Ich weiß nicht, wie ich es Ihnen sagen soll, ich verstehe es selbst nicht, aber es ist Krebs‘."

Am nächsten Tag sitzt die junge Frau ein weiteres Mal ihrer Gynäkologin gegenüber. "Sie war fantastisch", erzählt Christiane Wader. "Sie hat stundenlang telefoniert, bis sie für mich bei einem Spezialisten, der mich später auch operiert hat, einen Termin ausmachen konnte."

 Der Klinikarzt überweist sie zunächst an einen Onkologen, der wiederum feststellt, dass sich die Krebszellen bereits in den Lymphknoten befinden. Eine Woche nach der Diagnose erhält die Patientin ihre erste Chemo, der bis August 2010 sieben weitere Zyklen folgen.

Diagnose kurz nach neuem Job

Christiane Wader wurde 1982 in der nordhessischen Kleinstadt Homberg (Efze) geboren. Ihr Studium der Wirtschaftsinformatik in Bad Wildungen schloss sie im Alter von 22 Jahren mit dem Diplom ab und arbeitete danach als SAP-Beraterin in Kassel.

2008 zog sie nach München, wo sie für eine Beraterfirma des Autoherstellers BMW tätig wurde, bevor sie Anfang 2010 zu Bosch wechselte. Die Diagnose Brustkrebs erhielt sie drei Wochen nach Unterzeichnung ihres neuen Anstellungsvertrags.

Anfangs habe sie sich in ihrem Alltag nicht einschränken wollen und trotz ihrer Untersuchungen so weiter gemacht, als sei nichts geschehen, sagt die junge Frau. Selbst zu Beginn ihrer Chemotherapie sei sie noch zur Arbeit gegangen.

Bis sie eines Tages plötzlich merkte, dass nichts mehr ging. "Auch wenn mir das psychisch gut getan hat, gebraucht zu werden und abgelenkt zu sein, musste ich mir doch eingestehen, dass es nichts bringt, weil dein Körper die Energie für die Therapie braucht."

Während sie die erste Hälfte der Chemo gut überstand, quälten sie in der zweiten Phase Knochenschmerzen und Schleimhautentzündungen.

Im September 2010 wurde Christiane Wader erfolgreich, nämlich krebszellenfrei, operiert, im November und Dezember folgte die Bestrahlung. "Mir ging es von Tag zu Tag schlechter", sagt sie. "Weihnachten habe ich es gerade so in die Kirche geschafft."

Ergebnis niederschmetternd

Zwei Monate nach der Reha beginnt ihre Wiedereingliederung. Im August 2011 arbeitet sie wieder Vollzeit und absolviert nebenher ihr tägliches Laufprogramm. Sport, haben ihr die Ärzte gesagt, kann den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen. Ende September ist Christiane Wader erneut bei ihrem Onkologen.

Ihre Tumormarker sind erhöht. Das Ergebnis des Ultraschalls ist niederschmetternd: Der Krebs hat gestreut. "Mir wurde heiß und kalt", erinnert sich Christiane Wader, "das war wie der Zug, der dich überrollt. Multiple Lebermetastasen. Der erste Gedanke war: Wo ist der Krebs denn noch?"

Dass jener nicht weiter gestreut hat, erfährt die Patientin eine Woche später. Ihr Mann begleitet sie zur Untersuchung. "Das war eine absurde Situation", erzählt sie. "Nachher standen wir vor der Klinik und haben gejubelt, weil es nur Lebermetastasen waren. Insofern operabel. Die Chance, dass alles wieder gut wird."

Und tatsächlich: Nach ihrer Operation, der darauf folgenden Bestrahlung und Chemotherapie kehrt der Krebs nicht mehr zurück. Vorsorglich hat sich Christiane Wader die Eierstöcke entfernen lassen, da bei ihr eine spezielle Form der BRCA1-Genmutation festgestellt wurde, ein durch die US-Schauspielerin Angelina Jolie bekannt gewordener Gendefekt.

Auch ihre Ernährung hat sie umgestellt. Die ketogene Diät, die zugunsten von moderatem Eiweißanteil und hochwertiger Fette weitgehend auf Kohlenhydrate verzichtet, hat, davon ist Christiane Wader fest überzeugt, einen positiven Einfluss auf den Krebsverlauf, da sie Tumoren, einfach ausgedrückt, den Zucker entzieht.

Seit März 2012 ist Christiane Wader metastasenfrei. "Mein Onkologe zeigt mir bei jeder Nachsorge, wie überrascht und erfreut er über die Entwicklung ist", sagt sie. "Und je länger ich lebe, desto mehr habe ich die Hoffnung, dass nie mehr etwas nachkommt."

Mehr zum Thema

Triple-negatives Mammakarzinom

Toripalimab plus nab-Paclitaxel verzögert die Progression

Beobachtungsstudie aus England legt nahe

In den ersten Jahren nach Atypie-Diagnose kein erhöhtes Brustkrebsrisiko

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Hämatologe gibt Tipps

Krebspatienten impfen: Das gilt es zu beachten

Lesetipps
Eine pulmonale Beteiligung bei Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) kann sich mit Stridor, Husten, Dyspnoe und Auswurf manifestieren. Sie zeigt in der Lungenfunktionsprüfung meist ein obstruktives Muster.

© Sebastian Kaulitzki / stock.adobe.com

Morbus Crohn und Colitis ulcerosa

Wenn der entzündete Darm auf die Lunge geht

Klinisch ist die Herausforderung bei der IgA-Nephropathie ihr variabler Verlauf. In den meisten Fällen macht sie keine großen Probleme. Bei einem Teil der Patienten verläuft sie chronisch aktiv, und einige wenige erleiden katastrophale Verläufe, die anderen, schweren Glomerulonephritiden nicht nachstehen.

© reineg / stock.adobe.com

Glomerulonephitiden

IgA-Nephropathie: Das Ziel ist die Null