Krebsfrüherkennung

Mit Brustkrebs-Screening kein Überlebensvorteil

Haben Frauen mit Brustkrebs, der beim Mammografie-Screening diagnostiziert worden ist, einen Überlebensvorteil gegenüber Frauen mit symptomatischen Tumoren haben? Laut einer Studie nicht.

Dr. Robert BublakVon Dr. Robert Bublak Veröffentlicht:
Mammografie zur Krebsfrüherkennung.

Mammografie zur Krebsfrüherkennung.

© Monkeybusiness I./ panthermedia

BUDAPEST. Ein Mammakarzinom, das entdeckt wird, bevor es sich ertasten lässt, hat eine größere Heilungschance als ein später diagnostizierter Brustkrebs – diese Einsicht scheint zu trivial zu sein, um weiterer Belege zu bedürfen. Ganz so einfach liegen die Dinge aber offenbar nicht, wie am Streit um den Nutzen des Mammografie-Screenings abzulesen ist.

Zwar mangelt es nicht an Studien, die einen mortalitätssenkenden Effekt des Mammografie-Screenings demonstrieren. Allerdings liegen manche dieser Untersuchungen schon einige Jahre zurück.

Ergebnisse neuerer Studien haben diesen Nutzen hingegen immer wieder infrage gestellt. Und manche Experten führen die gesunkene Brustkrebssterblichkeit weniger auf die Früherkennung als vielmehr auf Fortschritte in der Therapie zurück.

Budapester Datenbank ausgewertet

Mihály Újhelyi vom ungarischen Nationalen Krebsinstitut hat sich nun für eine retrospektive Studie zusammen mit Kollegen der Datenbank des Budapester Instituts bedient (Eur J Surg Oncol 2016, online 9. Juli). 298 Brustkrebspatientinnen, deren Tumoren im Zuge des Mammografie-Screenings diagnostiziert worden waren, wurden dabei 311 Frauen gegenübergestellt, die an symptomatischem – palpablem – Brustkrebs erkrankt waren.

Auf den ersten Blick sprachen die erhobenen Daten klar für das Screening. Ob Tumorgröße, Tumorstadium, Lymphknotenbefall, Metastasenbildung im Lauf der gut fünf- bis knapp siebenjährigen Nachbeobachtungszeit, vaskuläre oder perineurale Invasion oder immunhistochemisches Profil.

Überall hatten die mammografisch entdeckten gegenüber den symptomatischen Mammakarzinomen die onkologisch-prognostisch signifikant bis hochsignifikant günstigeren Merkmale.

Mortalitätsunterschied statistisch kaum messbar

Und so war zu erwarten, dass sich dieses positive Profil auch in den Mortalitäts- beziehungsweise Überlebensdaten niederschlagen würde. Doch diese Erwartung erfüllte sich nicht. Zwar war der Anteil der Frauen mit krankheitsfreiem Überleben in der Screeninggruppe etwas höher: Er lag nach zehn Jahren bei 85 Prozent in der Kaplan-Meier-Schätzung versus 80 Prozent in der Gruppe mit symptomatischen Tumoren. Statistisch bedeutsam war die Differenz aber nicht.

Auch beim Gesamtüberleben – gut 70 Prozent nach zehn Jahren – lagen beide Gruppen gleichauf. "Wir vermuten, dass die Früherkennung nicht der wesentliche Faktor für die Reduktion der Brustkrebsmortalität ist", schließen Újhelyi und Mitarbeiter aus ihren Resultaten.

Damit sei nicht gesagt, dass das Mammografie-Screening die Sterblichkeit nicht senken würde, so die Forscher. Aber möglicherweise gleiche die moderne multimodale Therapie die Nachteile palpabler im Vergleich zu nichtpalpablen Mammakarzinomen aus.

Drei von vier der in die Studie einbezogenen Frauen waren brusterhaltend operiert worden, vier von fünfen hatten eine Hormontherapie erhalten. Doch es gab auch Unterschiede: Frauen mit symptomatischen Tumoren hatten sich häufiger einer Chemotherapie unterziehen müssen (57 Prozent vs. 40 Prozent), und sie waren öfter bestrahlt worden (93 Prozent vs. 89 Prozent).

Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Ambulantisierung

90 zusätzliche OPS-Codes für Hybrid-DRG vereinbart

Doppel-Interview

BVKJ-Spitze Hubmann und Radau: „Erst einmal die Kinder-AU abschaffen!“

Lesetipps
Der Patient wird auf eine C287Y-Mutation im HFE-Gen untersucht. Das Ergebnis, eine homozygote Mutation, bestätigt die Verdachtsdiagnose: Der Patient leidet an einer Hämochromatose.

© hh5800 / Getty Images / iStock

Häufige Erbkrankheit übersehen

Bei dieser „rheumatoiden Arthritis“ mussten DMARD versagen