Prostatakrebs

Kein Vorteil für Hormonentzug

Ein alleiniger Hormonentzug bei lokal begrenztem Prostata-Ca ist einer konservativen Behandlung nicht überlegen. Die Sterberaten nach 15 Jahren unterschieden sich in einer Kohortenstudie nicht wesentlich.

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BRUNSWICK / USA. Alten Männern oder solchen mit einem niedrigmalignen Prostata-Ca wird oft keine kurative Therapie empfohlen, sondern geraten, zunächst die weitere Entwicklung unter genauer Beobachtung abzuwarten.

Viele Ärzte verordnen in dieser Phase aber schon Antiandrogene oder schlagen eine Kastration vor, in der Hoffnung, das Tumorwachstum zu bremsen. Ob diese Therapie die Prognose verbessert, ist aber umstritten - indiziert ist der Hormonentzug in der Regel nur bei fortgeschrittenen Tumoren oder unterstützend bei der Radiatio.

Ein Team um Dr. Grace Lu-Yao vom Rutgers Cancer Institute in Brunswick hat nun 15-Jahres-Daten einer Kohortenstudie analysiert, in die über 66.000 Männer mit lokal begrenzten Prostatatumoren (T1 und T2) aufgenommen wurden (JAMA Intern Med. 2014; online 14. Juli).

Alle waren über 65 Jahre alt und zudem im ersten halben Jahr nach der Diagnose weder operiert worden, noch hatten sie eine Radiatio erhalten. Je nach Region in den USA erhielten 22 bis 39 Prozent dieser Männer eine primäre Hormonentzugstherapie, sie wurden also kastriert oder bekamen Antiandrogene.

Insgesamt waren die Männer mit Hormonentzug älter, hatten höhere PSA-Werte, einen höheren Gleason-Score und häufiger schlecht differenzierte Tumorzellen. Auch litten sie öfter als andere unter zusätzlichen Erkrankungen.

Es waren also in der Tat vor allem Männer mit einer schlechteren Prognose, die per Hormonentzug behandelt wurden. Um dennoch den Effekt des Hormonentzugs auf die Lebenserwartung beurteilen zu können, schauten sich die Studienautoren die Sterberaten in Bezirken an, in denen die Ärzte sehr häufig (oberes Terzil) oder weniger häufig (unteres Terzil) auf den Hormonentzug als Primärtherapie setzten.

Kein Unterschied bei Sterberate

Bei Patienten mit moderat differenzierten Tumoren lag dabei die Gesamtüberlebensrate in Regionen mit häufig angewandtem Androgenentzug nach 15 Jahren bei knapp 21 Prozent, in Regionen mit selten angewandtem Entzug bei 20 Prozent, der Unterschied war nicht signifikant. Bei der Prostata-Ca-bedingten Sterberate (9,4 Prozent) gab es überhaupt keine Unterschiede.

Ein ähnliches Bild zeigte sich bei Patienten mit schlecht differenzierten Tumoren: Hier lag die Gesamtüberlebensrate in den Regionen mit einem hohen Anteil der antiandrogenen Primärtherapie nach 15 Jahren bei 8,6 Prozent, in solchen mit niedrigem Anteil bei 9,2 Prozent; auch hier war die Differenz nicht signifikant. Die tumorbedingten Sterberaten (jeweils 21 Prozent) waren ebenfalls fast identisch.

Zu einem ähnlichen Schluss waren die Studienautoren vor einigen Jahren schon bei einer Analyse der Zehn-Jahres-Daten gekommen, damals ließ sich aber noch ein Trend zu einer besseren Prognose unter Hormonentzug bei schlecht differenzierten Tumoren ableiten. Dieser Trend war nun nicht mehr sichtbar.

Schließlich führte auch eine europäische Studie (EORTC 30891), in der ein sofortiger versus verzögerter Hormonentzug geprüft wurde (T0-T4, N0-2, M0), zu einem negativen Ergebnis: Nach knapp 13 Jahren gab es ebenfalls keine Unterschiede bei der tumorbedingten Sterberate, berichtet das Team um Lu-Yao. Am ehesten noch hätten Patienten mit aggressiven Tumoren und PSA-Werten über 50 ng / ml profitiert; diese machten in der US-Studie aber nur knapp 6 Prozent der Männer aus.

Auch wenn es sich bei ihrer Untersuchung letztlich um eine retrospektive Analyse handelt, sehen die Autoren um Lu-Yao keine Evidenz für den Nutzen einer antiandrogenen Primärtherapie bei lokal begrenzten Tumoren.

Mit Blick auf die Risiken einer solchen Behandlung - etwa eine erhöhte Frakturgefahr - sollte sie Patienten mit fortgeschrittenen Tumoren vorbehalten werden, schreiben die Onkologen. (mut)

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