Zöliakie

Symptome helfen kaum beim Screening

Bei den meisten Kindern mit Zöliakie ist die Erkrankung nicht diagnostiziert. Leitlinien empfehlen deswegen Bluttests für Kinder mit verdächtigen Symptomen. Die sogenannte "aktive Fallerkennung" scheint jedoch wenig zu taugen.

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Häufige Bauchschmerzen sowie Übelkeit und Erbrechen gelten als ein Hinweis auf Zöliakie. Dies hat sich in einer Studie nicht bestätigt.

Häufige Bauchschmerzen sowie Übelkeit und Erbrechen gelten als ein Hinweis auf Zöliakie. Dies hat sich in einer Studie nicht bestätigt.

© Somenski / fotolia.com

UMEÅ. Bevölkerungsweiten Screening-Studien zufolge leiden 0,3-3 Prozent aller Kinder an einer Zöliakie - mehrheitlich, ohne dass dies bekannt ist.

Um die Diagnosequote zu erhöhen, empfiehlt die Leitlinie der European Society of Pediatric Gastroenterology, Hepatology and Nutrition eine "aktive Fallentdeckung": Kinder mit Zöliakie-verdächtigen Symptomen (z.B. Gedeihstörungen, Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Anämie, Diarrhö oder Obstipation) ebenso wie Kinder mit überzufällig häufig mit Zöliakie assoziierten Erkrankungen (z.B. Typ-1-Diabetes, Schilddrüsenerkrankungen, Trisomie 21) bzw. familiärer Zöliakieanamnese sollen auf die Autoimmunstörung getestet werden.

Dazu wird zunächst das Blut auf spezifische Antikörper untersucht. Ist ihre Konzentration erhöht, muss eine Dünndarmbiopsie durchgeführt werden, weil nur bei einer Zottenatrophie die Diagnose Zöliakie als gesichert gilt.

Nach einer Studie aus Schweden sind jedoch Zweifel an diesem Vorgehen angebracht. "Der Großteil der bislang unerkannten Zöliakiefälle bei Zwölfjährigen wird durch die aktive Fallerkennung nicht aufgedeckt", schreiben die Studienautoren um Dr. Anna Rosén von der Universität Umeå (Pediatrics 2014; online 13. Januar).

Rosén und Kollegen hatten in einer definierten Region alle Zwölfjährigen zum Zöliakie-Screening gebeten. Vor dem Test mussten Kinder und Eltern Fragebögen zu Zöliakie-verdächtigen Symptomen und Begleiterkrankungen ausfüllen.

7208 Kinder ohne vorbekannte Zöliakie wurden untersucht, bei 153 (2,1 Prozent) wurde die Erkrankung diagnostiziert. 66 Kinder waren wegen einer bekannten Zöliakie von der Studie ausgeschlossen worden.

Beschwerden ebenso häufig bei Kindern ohne Zöliakie

Es zeigte sich, dass das Vorliegen eines Symptoms nicht mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für eine bislang übersehene Zöliakie einherging. Die Beschwerden traten ebenso häufig bei Kindern ohne Zöliakie wie bei Kindern mit Zöliakie auf (33,1 Prozent bzw. 33,6 Prozent).

Anders ausgedrückt: Die Zöliakierate war mit 2,1 Prozent bei asymptomatischen Kindern exakt so hoch wie bei Kindern mit Symptomen. "Der Symptom-Fragebogen ist nicht geeignet, um Kinder mit unerkannter Zöliakie von ihren Altersgenossen ohne Zöliakie zu unterscheiden", konstatieren Rosén et al.

Die Zahl der neu entdeckten Fälle sei lediglich proportional zur Zahl der getesteten Fälle, unabhängig von den berichteten Symptomen.

Auch das Bestehen von häufig Zöliakie-assoziierten Erkrankungen war nicht diagnoseweisend: Von den Kindern mit einer solchen Erkrankung hatten 3,6 Prozent eine Zöliakie, ohne waren es 2,1 Prozent, ein nicht signifikanter Unterschied.

Rosén und Kollegen weisen jedoch darauf hin, dass diese Form des Screenings in Schweden bereits praktiziert wird.

In der von der Studie ausgeschlossenen Gruppe von Zwölfjährigen mit bekannter Zöliakie seien solche Komorbiditäten viermal häufiger gewesen als bei den durchs Screening entdeckten Fällen: "Unsere Beobachtungen widerlegen daher nicht einen Zusammenhang zwischen Zöliakie und diesen Erkrankungen. Vielmehr spiegeln sie wider, dass die aktive Fallerkennung auf der Basis von assoziierten Erkrankungen in Schweden zwar nicht vollständig, aber doch erfolgreich ist."

Dagegen führt bei Kindern wie der Studienpopulation auch die Frage nach Symptomen und/oder häufigen Komorbiditäten nicht zu einem gezielteren Screening. Davon ausgehend würde man nur 38 Prozent der Fälle entdecken, müsste aber 37 Prozent der Kinder untersuchen. (bs)

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