Zöliakie

Wiederholte Fehlgeburten als Folge

Infertilität unklarer Ursache, mehrere Fehlgeburten, intrauterine Wachstumsverzögerung: Hier kommt differenzialdiagnostisch eine Zöliakie infrage. Einer Metaanalyse zufolge reduziert eine glutenfreie Kost diese Risiken signifikant.

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Glutenunverträglichkeit kann atypisch verlaufen - ohne Störungen im Magen-Darm-Trakt.

Glutenunverträglichkeit kann atypisch verlaufen - ohne Störungen im Magen-Darm-Trakt.

© Philippe Devanne/fotolia.com

ROM/ITALIEN. Seit Anfang der 2000er-Jahre mehren sich die Hinweise für atypische, weder den Magen noch den Darm betreffende Störungen bei Patienten mit Zöliakie.

Dazu gehören Fertilitätsstörungen und Komplikationen während der Schwangerschaft. Wie Gynäkologen um Dr. Chiara Tersigni von der katholischen Universität in Rom berichten, zählen zu den reproduktionsmedizinischen Störungen, die bei Patienten mit Zöliakie am intensivsten erforscht werden, jene bei Frauen mit unerklärbarer Infertilität, mehreren Fehlgeburten in Folge und Totgeburten, bei Schwangeren mit intrauteriner Wachstumsretardierung oder Neugeborenen mit niedrigem Geburtsgewicht.

Mit einer Metaanalyse versuchten Tersigni und ihre Kollegen die Zusammenhänge zwischen Zöliakie und Reproduktionsstörungen zu klären (Hum Reprod Update 2014; 20: 582-593).

Von fast 480 Studien, die sich damit bis Dezember 2012 befassten, konnten die Gynäkologen 24 Fall-Kontroll- und Kohortenstudien für die Analyse nutzen, für die sie die relativen Chancen (Odds-Ratio-Werte, OR) beziehungsweise das relative Risiko (RR) mithilfe des Review-Managers der Cochrane Collaboration berechneten.

Demnach lag der OR-Wert für Zöliakie bei Frauen mit unerklärbarer Fertilität bei 5,06. Sie hatten also im Vergleich zu gesunden Frauen ein um etwa das Fünffache erhöhtes Risiko für diese Störung.

Bei Frauen mit wiederholten Fehlgeburten war das Risiko um etwa das Sechsfache erhöht (OR: 5,82), bei Schwangeren mit intrauterinen Wachstumsverzögerungen sogar um etwa das Achtfache (OR: 8,73).

Meist hätten Frauen mit diesen Störungen keine erkennbaren Zeichen einer Zöliakie, so die Gynäkologen. Erst eine unregelmäßige Menstruation, eingeschränkte Fertilität und/oder eine ungünstig verlaufende Schwangerschaft führten zu einem ersten Verdacht auf eine Zöliakie.

Bei Verdacht: Test auf Antikörper

Die Ärzte empfehlen ein serologisches Screening auf Antikörper gegen das Endomysium und gegen Transglutamase bei Frauen mit unerklärbarer Infertilität, mit häufigen Fehlgeburten oder intrauteriner Wachstumsretardierung. Bei anderen Reproduktionsstörungen gebe es für diese Serologie noch nicht genügend Evidenz.

In der aktuellen S2k-Leitlinie Zöliakie wird bei Verdacht auf diese immunologisch vermittelte Darmerkrankung außer einem Test auf einen der beiden spezifischen IgA-Antikörper auch ein Test auf das Gesamt-IgA im Serum empfohlen.

Die italienische Metaanalyse ergab zudem, dass Schwangere mit Zöliakie ein erhöhtes Risiko für Fehlgeburten (RR: 1,36), intrauterine Wachstumsverzögerung (RR: 1,54), niedriges Geburtsgewicht (RR: 1,75) und Frühgeburten (RR: 1,37) hatten.

Dabei lag das Risiko für Wachstumsretardierung, niedriges Geburtsgewicht und Frühgeburt bei Frauen, die sich nicht glutenfrei ernährten, signifikant höher als bei Schwangeren mit entsprechender Ernährungsanpassung. Darauf sollten Zöliakiepatientinnen hingewiesen werden, so die Autoren.

Bei Zöliakie werden vor allem zwei Pathomechanismen der Entwicklung von Reproduktionsstörungen derzeit diskutiert, die aus In-vitro-Studien abgeleitet werden. Zum einen binden Antikörper gegen Transglutamase an Trophoblasten, die dadurch in den programmierten Zelltod getrieben werden.

Auf der mütterlichen Seite der Plazenta führt die Bindung des Antikörpers an Endothelzellen des Endometriums dazu, dass das Sprossen von Blutgefäßen stark eingeschränkt wird. (ple)

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