Magen-Darm

Neuropathie und Zöliakie treten oft zusammen auf

Zöliakiepatienten haben ein erhöhtes Risiko für diverse Neuropathien. Daran sollte bei der Behandlung von Patienten mit peripheren Nervenerkrankungen gedacht werden.

Von Beate Schumacher Veröffentlicht:
Das strikte Befolgen einer glutenfreien Diät ist bei Zöliakie die Therapie der Wahl.

Das strikte Befolgen einer glutenfreien Diät ist bei Zöliakie die Therapie der Wahl.

© photocrew / fotolia.com

NEW YORK. Neurologen aus Schweden und den USA raten, Patienten mit Neuropathie regelhaft auf eine Zöliakie untersuchen zu lassen. Betroffene haben Analysen zufolge nämlich ein mehr als doppelt so hohes Risiko, eine periphere Nervenerkrankung zu entwickeln (JAMA Neurol, online 11. Mai).

Und oft besteht das Nervenleiden auch schon vor der Zöliakie.

Die Ärzte haben anhand eines landesweiten schwedischen Registers 28.232 Patienten identifiziert, bei denen eine Zöliakie mittels Dünndarmbiopsie gesichert worden war(Zottenatrophie, Marsh 3). Die Diagnose Zöliakie war im Median im Alter von 29 Jahren gestellt worden, eine Neuropathie war nicht bekannt. Als Vergleichsgruppe dienten 139.473 in Alter und Geschlecht übereinstimmende Personen ohne Zöliakie.

Eine Neuropathie wurde während des medianen Follow-ups von zehn Jahren bei 0,7 Prozent der Zöliakiekranken und 0,3 Prozent der Kontrollen festgestellt.

Die Patienten hatten damit ein 2,5-mal so hohes Erkrankungsrisiko. Die Risikosteigerung blieb nahezu unverändert, wenn sozioökonomischer Status, andere Autoimmunerkrankungen, Vitaminmangelzustände und Alkoholkonsum berücksichtigt wurden. Geschlecht und Alter bei der Diagnose der Enteropathie hatten keinen Einfluss auf das Auftreten von Neuropathien.

Das höchste Risiko für die Diagnose einer Neuropathie bestand im ersten Jahr, nachdem die Zöliakie entdeckt worden war. Ein Exzessrisiko war aber auch fünf Jahre später noch zu erkennen - ein Hinweis, dass die erhöhte Diagnosequote nicht ausschließlich mit einem "surveillance bias", also der intensiveren ärztlichen Überwachung nach dem Feststellen der Zöliakie, zu erklären war.

Zusammenhang offenbar bidirektional

Die meisten Neuropathien waren nicht näher klassifiziert. Sofern das doch der Fall war, ließ sich eine positive Korrelation der Zöliakie mit einer chronisch inflammatorischen demyelinisierenden Neuropathie, einer autonomen Neuropathie und einer Mononeuritis multiplex feststellen, dagegen zeigte sich kein Zusammenhang mit einer akuten inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuropathie.

Der Zusammenhang zwischen glutensensitiver Enteropathie und peripheren Nervenerkrankungen ist offenbar bidirektional.

Bei einem Vergleich von 29.096 nicht vorselektierten Patienten mit Zöliakie mit 144.522 Kontrollen war die Wahrscheinlichkeit, an einer Neuropathie zu leiden, schon vor der Zöliakiediagnose deutlich erhöht.

"Da die Zöliakie eine Autoimmunerkrankung ist, bestätigen unsere Daten die mögliche Rolle von immunologischen Mechanismen bei der Entstehung von Neuropathien", schreiben die Autoren um Sujata R. Thawani von der Columbia University in New York.

Aus früheren Untersuchungen gibt es Hinweise auf eine Assoziation von Neuropathien mit anderen Autoimmunerkrankungen wie Typ-1-Diabetes, Rheumatoider Arthritis oder systemischem Lupus erythematodes.

Ob die Behandlung der Zöliakie, also das strikte Befolgen einer glutenfreien Diät, das Risiko, eine Neuropathie zu entwickeln, senken kann, ist unklar.

Zwar haben ältere Untersuchungen eine Schutzwirkung nahegelegt, dagegen spricht jedoch das bei den schwedischen Zöliakiepatienten anhaltend erhöhte Neuropathierisiko.

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