Diagnostik

Ultraschall wenig hilfreich bei Appendizitis-Verdacht

Eine Sonografie können sich Ärzte bei Appendizitis-Verdacht sparen: Sensitivität und Spezifität sind auch nicht höher als bei einer klinischen Untersuchung. Die Sonografie könnte jedoch die weitere Diagnostik und eine Operation verzögern.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Ultraschall bei Appendizitis-Verdacht? Forscher empfehlen empfindlichere Bildgebungsmodalitäten.

Ultraschall bei Appendizitis-Verdacht? Forscher empfehlen empfindlichere Bildgebungsmodalitäten.

© Boris Kaulin / iStockphoto

RIJEKA. Bei begründetem Verdacht auf eine Appendizitis gleich ins CT oder MRT? Viele Ärzte präferieren zunächst eine Sonografie – sie gilt als strahlungsarme Alternative, wenngleich sie immer seltener in Diagnosealgorithmen zu finden ist, berichten Gastroenterologen um Dr. Vanja Giljaca von der Uniklinik in Rijeka (World J Surg 2017: 41: 693–700). Ärzte tun ihrer Ansicht aber gut daran, auf die Sonografie zu verzichten: Deutet diese auf eine Entzündung, liegt zwar meist eine Appendizitis vor. Bei einem negativen Ergebnis haben aber trotzdem mehr als die Hälfte der Patienten mit Appendizitisverdacht eine Entzündung des Wurmfortsatzes. Sie benötigen daher noch eine weitere, sensitivere Diagnostik. Diese sollten die Ärzte daher von Beginn anbieten, da es sonst zu unnötigen Verzögerungen kommen kann.

Von 250 Studien 17 berücksichtigt

Zu diesem Schluss kommen Giljaca und Mitarbeiter aufgrund einer Metaanalyse der vorhandenen Literatur zur Diagnostik mittels Ultraschall. Sie fanden insgesamt knapp 250 Studien, berücksichtigt haben sie aber nur 17 Studien, die ihren strengen Kriterien entsprachen. So musste sich aus den Daten eine Kontingenztabelle erstellen lassen, mit der sich Sensitivität, Spezifität sowie Prä- und Posttest-Wahrscheinlichkeit errechnen ließen. Ferner analysierten sie nur Studien mit mehr als zehn Patienten, Untersuchungen nach 1994 sowie solche, die den Ultraschallbefund mit dem histopathologischen Ergebnis nach einer Op als Goldstandard verglichen. Gerade Letzteres war selten der Fall.

An den 17 berücksichtigten Studien hatten mehr als 2800 Patienten teilgenommen, die letztlich alle aufgrund eines Appendizitisverdachts operiert worden waren. Vier Studien waren prospektiv, acht retrospektiv, bei den übrigen blieb dieser Punkt unklar. Die Prävalenz einer Appendizitis schwankte stark in den einzelnen Studien (38 bis 93 Prozent), ebenso die Sensitivität (25 bis 98 Prozent) und die Spezifität (38 bis 100 Prozent). Im Mittel lagen die Sensitivität bei 69 Prozent und die Spezifität bei 81 Prozent.

Für relevanter halten die Ärzte um Giljaca jedoch die Post-Test-Wahrscheinlichkeit. Sensitivität und Spezifität helfen den untersuchenden Ärzten schließlich nicht direkt bei der entscheidenden Frage, wie hoch die Wahrscheinlichkeit für ein richtiges Testergebnis ist. Bei einem positiven Ergebnis schnitt die Sonografie mit einer Post-Test-Wahrscheinlichkeit von 92 Prozent sehr gut ab. Danach wird nur 8 Prozent der Patienten fälschlicherweise eine Appendizitis attestiert. Weniger gut sieht es jedoch bei einem negativen Testergebnis aus, hier lag die Posttest-Wahrscheinlichkeit für eine Appendizitis bei 55 Prozent – mehr als die Hälfte mit negativem Resultat hatten folglich trotzdem einen entzündeten Wurmfortsatz. Körperliche Untersuchungen und Symptomscores wie die Alvarado-Skala seien in Studien bei der Appendizitisdiagnostik nicht schlechter gewesen, der Wert der Sonografie sei daher fraglich, schreiben die Autoren.

Negativer Befund sagt nichts aus

Die Post-Test-Wahrscheinlichkeit hängt natürlich von der Prävalenz ab. Für die geringste in den Studien erfasste Prävalenz von 38 Prozent ließen sich eine positive Post-Test-Wahrscheinlichkeit von 69 Prozent und eine negative von 19 Prozent errechnen. Hier wurden also deutlich weniger falsch negative, dafür mehr falsch positive Resultate erzielt. Bei der maximalen Prävalenz von 93 Prozent lagen die Werte bei 98 und 83 Prozent. Hier wären also fast alle negativen Testresultate falsch.

Letztlich sagt nach diesen Daten ein negativer Ultraschallbefund praktisch nichts aus – die Patienten sollten mit einem solchen Befund nicht nach Hause geschickt werden, sondern benötigen weitere Untersuchungen. Ärzte wären daher gut beraten, wenn sie gleich empfindlichere Bildgebungsmodalitäten verwenden würden, urteilen Giljaca und Mitarbeiter.

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