Hirnblutung - Op ist wohl nicht besser als konservative Therapie

NEWCASTLE UPON TYNE (ner). Patienten mit spontanen Hirnblutungen nutzt ein früher neurochirurgischer Eingriff nicht mehr als die konservative Behandlung, so das lang erwartete Ergebnis einer multinationalen Studie. Die seit Jahrzehnten anhaltende Kontroverse wird dadurch wieder angeheizt.

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Mehr als 1000 Patienten aus 27 Ländern haben Professor A. David Mendelow aus Newcastle upon Tyne in Großbritannien und seine Kollegen in die STICH-Studie (International Surgical Trial in Intracerebral Haemorrhage) zur Frage der richtigen Behandlung bei supratentorialen spontanen Hämorrhagien aufgenommen.

60 Prozent der Patienten hatten mittelschwere bis schwere, 40 Prozent leichte Symptome, gemessen anhand der Glasgow-Komaskala. Die Studienteilnehmer waren randomisiert innerhalb von 24 Stunden operiert worden oder hatten die bestmögliche konservative Behandlung erhalten. Konservativ behandelte Patienten durften bei Verschlechterung der Symptome später doch noch operiert werden, so Mendelow (Lancet 365, 2005, 387).

      Nahmen die Symptome zu, wurde doch noch operiert.
   

Sechs Monate nach dem Ereignis ging es den überlebenden Patienten in beiden Gruppen durchschnittlich gleich gut. Dies bestätigte sich auch bei Analyse verschiedener Subgruppen, etwa nach Alter, Größe und Lokalisation der Hämatome oder Ausmaß der neurologischen Defizite. Die Sterberate war mit 36 und 37 Prozent ähnlich hoch. Allenfalls Patienten mit Hirnblutungen, die maximal einen Zentimeter unter der Kortikalis lagen, profitierten tendenziell von der Kraniotomie. Bei komatösen Patienten verschlechterte der chirurgische Eingriff die Prognose.

20 von 100 000 Einwohnern erleiden jährlich eine spontane intrazerebrale Blutung. Ihre Prognose ist schlecht: über 40 Prozent sterben, die meisten Überlebenden bleiben körperlich behindert. Die Diskussionen um die richtige Therapie drehen sich hauptsächlich um die Penumbra, die Randzone um den Hirninfarkt, die zwar bereits teilweise geschädigt, aber funktionell noch intakt ist. Neurochirurgen wollen dieses Hirngewebe retten, indem sie rasch die Blutung ausräumen, etwa durch Kraniotomie oder endoskopische Eingriffe. Doch bisherige Studien sowie drei Metaanalysen ergaben widersprüchliche Resultate.

Die japanischen Neurochirurgen Takahiro Nakano und Hiroki Ohkuma von der Universität Hirosaki weisen in einem Kommentar darauf hin, daß in STICH ein Viertel der Patienten in der konservativen Gruppe einige Tage nach Randomisation doch noch operiert worden sind (Lancet 365, 2005, 361). Der frühe Eingriff hätte die neurologische Verschlechterung bei diesen Patienten womöglich verhindern können.

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