Botulinumtoxin macht Operationen bei Spastik oft überflüssig

HAMBURG (nie). Spastische Lähmungen bei Kindern mit infantiler Zerebralparese können durch Injektionen mit Botulinumtoxin A gemildert werden. Die Therapie unterstützt zudem Maßnahmen wie Krankengymnastik und Orthesen.

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Das hat Dr. Kaat Desloovere von der Universität Leuven in Belgien berichtet. Die infantile Zerebralparese verursacht Bewegungs-, Balance- und Haltungsstörungen sowie Lähmungen, die durch Schädigungen bestimmter Hirnregionen und des zentralen Nervensystems hervorgerufen werden. Als primäre motorische Probleme werden Störungen des Muskeltonus, der Gleichgewichtsfunktionen, der Muskelkraft und der selektiven Muskelkontrolle bezeichnet.

    Ein erhöhter Muskeltonus läßt sich durch das Toxin lokal vermindern.
   

Mit der Zeit kommen Muskelverkürzungen und knöcherne Deformitäten hinzu. Die Kinder versuchen, diese Störungen durch adaptive motorische Mechanismen zu kompensieren. Die Störungen können niemals geheilt, wohl aber abgemildert werde. Das sagte Desloovere auf einem Symposium von Pharm-Allergan in Hamburg. Das Unternehmen bietet Botulinumtoxin A als Botox® an.

Häufig werden Operationen notwendig, um Sehnen zu verlängern und Deformationen zu mindern, sagte Desloovere. Die Eingriffe werden von Krankengymnastik und orthopädischen Maßnahmen begleitet.

Die Ärzte versuchten zwar, chirurgische Maßnahmen bis zum zehnten Lebensjahr zu verhindern. Durch das Wachstum der Kinder komme es aber häufig schon früher zu Kontrakturen und knöchernen Deformationen. Durch Botulinumtoxin A könne dieser wachstumsbedingte Prozeß aufgehalten werden, sagte Desloovere.

Das Toxin verhindert die Ausschüttung des Botenstoffes Acetylcholin, der notwendig ist, damit Muskelfasern ihre Spannung aufbauen. Der bei Zerebralparese erhöhte Muskeltonus kann durch Injektionen mit Botulinumtoxin A lokal gesenkt werden. Chirurgische Maßnahmen können dadurch verschoben oder sogar vermieden werden.

"Wenn man die Therapie noch mit korrigierenden Redressionsgipsen ergänzt, können sogar Patienten mit Muskelkontrakturen behandelt werden," sagte Desloovere.

In einer Studie mit etwa 800 Kindern mit Zerebralparese und Gangstörungen wurde jetzt den Nutzen der Therapie mit Botulinumtoxin bestätigt. In der Studie wurden Daten von etwa 1750 Behandlungen analysiert. Dabei zeigten sich gute Ergebnisse - auch bei älteren Kindern, die in jüngeren Jahren mit Botulinumtoxin behandelt worden waren, sagte Desloovere.

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