Wenn Dackel Pelle kommt, werden die gelähmten Patienten wieder motiviert

Von Nadine Behrens Veröffentlicht:

Als die Tür aufgeht und der kleine Hund auf den Mann zuläuft, fängt dessen Gesicht an zu strahlen. Sagen kann der Mann nichts. Auch aufstehen kann er nicht. Er sitzt im Rollstuhl, denn er ist gelähmt. Der Hund schnuppert an der Hand des Patienten, in der Kanülen mit dünnen Schläuchen stecken, die an verschiedene Apparate angeschlossen sind. Der Mann lächelt immer noch. Es ist eine der wenigen Regungen, die seine Muskeln ihm zur Zeit erlauben.

"Mein Name ist Pelle, und ich therapiere auch hier"

"Hallo, mein Name ist Pelle, und ich therapiere auch hier", steht auf dem Schild an der gläsernen Eingangstür der Neurologiestation des Klinikums Bremen-Ost. Seit zwei Monaten ist der dreijährige Rauhaardackel zweimal wöchentlich mit der Physiotherapeutin Birte Westerkamp auf der Station im Einsatz. Vorher wird er jedes Mal gründlich auf Flöhe, Zecken und Schmutz untersucht. "Hygiene spielt schließlich eine große Rolle im Krankenhaus", sagt Westerkamp.

Eine große Rolle spielt auch Pelle mittlerweile - bei den Patienten ebenso wie bei den Ärzten und den Schwestern. "Pelle erfährt extreme Unterstützung auf der ganzen Station", sagt Oberarzt Markus Ebke. "Durch den Hund werden die Patienten unglaublich motiviert." Das kann Therapeutin Westerkamp bestätigen. Sie berichtet von einem jungen Mann, der nach längerer Therapie die Lust an den täglichen Übungen verloren hatte. "Aber als ich mit Pelle zu ihm kam, wollte er auf einmal doch wieder mitmachen."

Auf die Idee, sich mit ihrem Dackel zu einem "Therapiehunde-Team" ausbilden zu lassen, ist die 33jährige durch ihr Interesse an der Delphintherapie gekommen. Dabei kommen Patienten bekanntlich mit Delphinen in Berührung, was die Genesung beschleunigen soll. "Aber Delphine sind hier ja nun einmal nicht so weit verbreitet", sagt Westerkamp lachend. Also heißt es für die Patienten auf der Neurologiestation in Bremen: Pelle statt Flipper.

Ausgebildet wurden der Dackel und sein Frauchen von Ines Pawlitzki, der Vorsitzenden des Deutschen Berufsverbands für Therapie- und Behindertenbegleithunde (DBTB). Etwa ein Jahr dauert es, bis Hund und Halter für den Einsatz in Kliniken, Behinderteneinrichtungen oder Pflegeheimen fit sind. Grundsätzlich kann fast jeder Hund dafür ausgebildet werden. "Die Tiere müssen vor allem gesund, lernfreudig und menschenbezogen sein", sagt Pawlitzki.

Pelle bleibt ruhig auch bei unsicheren Bewegungen

Diese Voraussetzungen hat Pelle von Geburt an. "Er ist überhaupt nicht biestig", sagt Westerkamp. Das darf er auch nicht sein im Umgang mit den Reha-Patienten. Die müssen alltägliche Bewegungsabläufe wieder neu lernen. Pelle darf sich dann von unsicheren Bewegungen oder etwas ruppigeren Streicheleinheiten nicht aus der Ruhe bringen lassen.

Der gelähmte Mann im Rollstuhl muß das Streicheln erst wieder lernen. Therapeutin Westerkamp nimmt seine Hand und streichelt mit ihr über den Rücken des Hundes, der ganz ruhig neben dem Mann liegt. Hinterher gibt es für Pelle ein "Leckerli". Auch Westerkamp wird für ihre Arbeit belohnt - durch ein Lächeln des Patienten. (dpa)

Interessenten können sich beim Deutschen Berufsverband für Therapie- und Behindertenbegleithunde e.V. erkundigen (Ines Pawlitzki, Tel.: 01 73 / 104 77 65). Hier gibt es auch Adressen von Therapiehundehaltern. Infos im Internet unter: www.behindertenbegleithunde.de



STICHWORT

Therapiehunde

Therapiehunde sind Hunde, die in Familien, bei Privatpersonen oder in Institutionen im Dienste von Gesundheit, Resozialisierung und Rehabilitation eingesetzt werden, erklärt der Deutsche Berufsverband für Therapie- und Behindertenbegleithunde (DBTB). In Alten- und Pflegeheimen, Behinderteneinrichtungen und auch in manchen Krankenhäusern werden Therapiehunde eingesetzt. Das werde dann meist über Spenden bezahlt, so der DBTB. Die Kosten hingen jeweils vom Hundehalter ab. Die Ausbildung von Hund und Halter dauert etwa ein Jahr. Die meisten Therapiehundehalter arbeiten ehrenamtlich. (eb)

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