Stromimpulse im Schlaf steigern Gedächtnis

LÜBECK (cin). Elektrische Stimulation des Gehirns steigert die Gedächtnisleistung. Werden in der ersten Tiefschlafphase zusätzlich Tiefschlafwellen in der Hirnrinde induziert, dann kann das am Vorabend Gelernte besser reproduziert werden, sagte Professor Jan Born zur "Ärzte Zeitung".

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Dreizehn Medizinstudenten haben an einer Studie der Arbeitsgruppe um Professor Born von der Universität Lübeck teilgenommen (wie kurz berichtet). Sie mußten vor dem Schafen 46 Wortpaare lernen und reproduzieren. "Anschließend haben wir je zwei Elektroden zur Stimulation an Stirn und Mastoid befestigt und zudem mit einem EEG die Gehirnströme aufgezeichnet", erklärte Born.

Vier Minuten, nachdem die Teilnehmer die erste Tiefschlafphase hatten, wurde fünfmal für fünf Minuten ein elektrischer Reiz mit einer Stromstärke von maximal 0,517mA / cm2 gesetzt. Dazwischen wurde für je eine Minute pausiert. "Die Impulse werden nicht bemerkt", sagte der Wissenschaftler. In seltenen Fällen sei ein leichtes Kribbeln zu spüren.

Durch die Impulse wurden langsame Hirnwellen (slow wave sleep, SWS) induziert, wie sie typisch für Tiefschlaf sind (Nature online vorab 5. November). Durch die Stimulation konnten die Probanden 4,7 Wörter mehr wiedergeben als am Vorabend (statt 36,5 nun 41,3 Wörter). Ohne Stimulation wußten sie lediglich zwei Wörter mehr (statt 37,4 dann 39,5 Worte).

"Das Ergebnis scheint ein Beweis dafür zu sein, daß die erste Schlafphase für die Konsolidierung von Wissen verantwortlich ist", sagte Born. In weiteren Untersuchungen hätten die Wissenschaftler Studenten in anderen Schlafphasen, etwa der REM-Phase stimuliert. Doch dies habe zu keiner Verbesserung der Gedächtnisleistung geführt.

Die Induktion gerade von SWS scheint wichtig für erfolgreicheres Lernen zu spielen. Denn bei fünf weiteren Teilnehmern der Studie, die mit Thetawellen stimuliert worden sind, wurde der Lernerfolg nicht-signifikant verbessert (2,2 versus 2,4 Wörter ohne Stimulation).

Eine praktische Anwendung der Stimulationstechnik wäre nach Angaben von Born bei Schlaflosigkeit oder altersbedingten leichten Gedächtnisstörungen denkbar. Er weist allerdings darauf hin, daß die Ergebnisse der Studie auf die Grundlagenforschung ausgelegt waren.



STICHWORT

Schlafphasen

Der Schlaf besteht aus verschiedenen Schlafphasen, die im EEG an unterschiedlichen Wellenlängen zu erkennen sind. Zum einen gibt es die REM (Rapid Eye Movement)-Phasen. Kennzeichen sind schnelle Augenbewegungen, ein niedriger Tonus der quergestreiften Muskulatur und ein bestimmtes Aktivitätsmuster im EEG, etwa Thetawellen (Frequenz von 4 bis 8 Hz).

Zum anderen gibt es non-REM-Phasen, die in vier Stadien mit unterschiedlicher Schlaftiefe eingeteilt werden. Stadium drei und vier gelten als Tiefschlafphase. Ihr Kennzeichen sind langsame große Wellen (1 bis 4 Hz), die als slow wave sleep (SWS) bezeichnet werden. (cin)

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