Stress-Resilienz

Endokrine Hirnzellen im Visier

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MAINZ. Unmittelbar nach dem Beginn einer stressbedingten Belastung sind corticotrophe, also die Nebennierenrinde stimulierende, Zellpopulationen, die im Gehirnareal der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse Stresshormone erzeugen, in der Lage, Vermeidungsverhalten schnell abzuwandeln (Nat. Commun. 2016; 7:12620).

Das haben Forscher um Professorin Dr. Soojin Ryu vom Deutschen Resilienz-Zentrum (DRZ) der Universität Mainz mit einer Kombination aus genetischen und optischen Methoden festgestellt, teilt die Unimedizin Mainz mit.

Diese Erkenntnis könne dazu beitragen, effektive Therapien zu entwickeln, um mit akuten, stressbedingten Belastungssituationen besser umgehen zu können oder akute Stresssituationen umzuwandeln. Grundsätzlich könne davon ausgegangen werden, dass die Neurotransmitter des ZNS Angriffs- oder Fluchtverhalten schnell regulieren, erinnert die Unimedizin Mainz in ihrer Mitteilung.

Die Hormone des Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden(HHN)-Systems entfalten ihre stressregulierende Funktion wesentlich langsamer – so der bisherige wissenschaftliche Kenntnisstand.

Zebrafischlarve als Untersuchungstier

Die konkrete Rolle des HNN bei der raschen Anpassung des Verhaltens an eine Stresssituation genauer zu ergründen, sei mit den in der Stressforschung bislang üblichen Tiermodellen jedoch kaum möglich gewesen. Denn der Hypothalamus und die Hypophyse sind in Säugetieren nur schwer zugänglich.

Um diese Hürde zu überwinden, entwickelte das Team um Ryu eine neue optogenetische Untersuchungsmethode, heißt es in der Mitteilung der Unimedizin Mainz. Es gelang, eine genetisch veränderte Zebrafischlarve zu entwickeln.

Bei dieser lässt sich mit Einsatzes von Licht die Aktivität des Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Systems manipulieren und gleichzeitig die so erzielten Auswirkungen auf das Verhalten der modifizierten Zellen beobachten.

Künstliches Enzym hinzugefügt

Für ihre Studie führten die Wissenschaftler des DRZ Mainz dem Tiermodell ein synthetisches Enzym hinzu, das nur in den corticotrophen Zellen des HNN-Systems das Niveau des intrazellulären Botenstoffs cyclisches Adenosinmonophosphat (cAMP) erhöht. Dessen Erhöhung ist wichtig für die Freisetzung von Hormonen in den corticotrophen Zellen der vorderen Hypophyse.

Das daraus resultierende, sogenannte transgenetische tierische Stresshormonniveau kann durch Licht gesteigert werden. Dies wiederum erlaubt es den Forschern, gleichzeitig die Veränderung des Verhaltens zu untersuchen.

Die nun veröffentlichten Forschungsergebnisse zeigten, dass die corticotrophen Zellen in der Hypophyse direkt aktiv werden, nachdem eine als belastend empfundene Stresssituation begonnen hat, so die Unimedizin Mainz in ihrer Mitteilung: Sie beeinflussen sowohl die Fortbewegung als auch vermeidendes Verhalten sowie die Reizempfindlichkeit.

Die Forscher deuten dies als Beleg dafür, dass die corticotrophen Zellen in der Hypophyse eine bedeutende Rolle bei der schnellen Verhaltensanpassung an lokale, gegnerische Umwelten haben. (eb)

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