Stress

Ist Stress der Seele ursächlich für Stress an Herz und Gefäßen? US-Experten glauben daran: Die Mandelkerne im Gehirn könnten dafür sorgen, dass aus dem mentalen ein kardiovaskuläres Problem wird.

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BOSTON. Schon länger wurde beobachtet, dass eine erhöhte PET-Aktivität der Mandelkerne (Amygdalae) in den Temporallappen des Gehirns mit stressbezogenen psychischen Störungen einhergeht. Aus Tiermodellen ist bekannt, dass auch Knochenmark und Blutgefäße in Stresssituationen ein PET-Signal erzeugen, also einen erhöhten Glukoseumsatz aufweisen.

Aber hängen Hirn und Blutgefäße irgendwie zusammen? Das haben Wissenschaftler um Dr. Ahmed Tawakol von der Harvard Medical School in Boston jetzt eruiert (The Lancet 2017, 11. Januar online). Sie haben 293 Erwachsene ohne bekannte kardiovaskuläre Erkrankung einer umfangreichen PET / CT-Untersuchung unterzogen.

Dabei wurden die PET-Aktivitäten in den Amygdalae, im Knochenmark und in den großen Arterien gemessen. Die PET-Aktivität im Knochenmark gibt Hinweis auf die Synthese weißer Blutkörperchen, die mit dem Entzündungsstatus in den Arterien korreliert.

Mechanismus für Stress und kardiovaskuläre Ereignisse

Nach der Ausgangs-PET-Untersuchung wurden alle Probanden für im Median 3,7 Jahre nachverfolgt. Insgesamt traten bei 22 Probanden kardiovaskuläre Ereignisse auf. Probanden mit einer erhöhten Amgydala-Aktivität hatten dabei ein um knapp 60 Prozent höheres Ereignisrisiko. Das war statistisch signifikant, und es blieb auch nach einer multivariaten Analyse, bei der andere Einflussfaktoren herausgerechnet werden, signifikant.

Die Amygdala-Aktivität korrelierte zudem signifikant mit der PET-Aktivität im Knochenmark und in den Arterien. Dies könne auf einen Mechanismus deuten, der Stress und kardiovaskuläre Ereignisse verknüpfe, so Tawakol. Konkret stellt er sich vor, dass emotionaler Stress die Amygdalae aktiviert, die ihrerseits (nicht näher spezifizierte) Signale ans Knochenmark senden.

Das Knochenmark reagiert mit einer stärkeren Produktion weißer Blutkörperchen. Die setzen eine Entzündungsreaktion in den Arterien in Gang und begünstigen so atherosklerotische Gefäßveränderungen. Unmittelbar klinisch relevant sind diese Ergebnisse nicht, zumal sich durch die PET / CT-Methodik keine definitiven Ursache-Wirkung-Beziehungen etablieren lassen.

Der schon länger postulierte Zusammenhang zwischen Stress und kardiovaskulären Ereignissen werde durch die Untersuchung aber gestützt, betonte Dr. Ilze Bot von der Universität Leiden in einem Kommentar. Zumindest sollten bei Patienten, die über chronischen Stress klagen, andere kardiovaskuläre Risikofaktoren besonders sorgfältig abgeklärt und wenn nötig Therapien eingeleitet werden. (gvg)

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