Erstaunliche Ähnlichkeit

ALS ist mit Demenz eng verwandt

Stephen Hawking ist wohl der berühmteste Patient, der an Amyotropher Lateralsklerose leidet. Forscher haben nun herausgefunden, dass ALS und temporale Demenz eng verwandte Krankheitsbilder sind. Das könnte Einfluss auf das Diagnoseverfahren haben.

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Bei Amyotropher Lateralsklerose werden Nervenzellen, die für Muskelbewegungen zuständig sind, abgebaut.

Bei Amyotropher Lateralsklerose werden Nervenzellen, die für Muskelbewegungen zuständig sind, abgebaut.

© arsdigital.de / Fotolia

MAGDEBURG. Mit einem neuen Analyseverfahren konnten Neurowissenschaftler vom Leibniz-Institut für Neurobiologie zeigen, dass Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) und frontotemporale Demenz eng verwandte Krankheitsbilder sind, auch wenn ALS-Patienten nicht dement sind (Sci Rep 2017; 7: 40252).

Der wohl berühmteste ALS-Patient ist Stephen Hawking, doch insgesamt leiden weltweit etwa 150.000 Menschen an der ALS-Krankheit. ALS ist ja eine seltene degenerative Erkrankung des motorischen Nervensystems.

Dabei werden die Nervenzellen, die für die Bewegungen von Muskeln im gesamten Körper verantwortlich sind, immer weiter abgebaut. Als Folge werden die Muskeln immer schwächer und die Patienten verlieren ihre Beweglichkeit, was bisher kaum durch eine Therapie behandelt werden kann.

Überlebensdauer von drei Jahren

Die durch die Erkrankung bedingte Muskelschwäche führt typischerweise innerhalb weniger Jahre nach ihrem Ausbruch zum Tod durch Atemversagen. Die mittlere Überlebensdauer nach Diagnosestellung beträgt nur etwa drei Jahre.

Allerdings sind auch Fälle mit einer Überlebensdauer von bis zu 15 Jahren oder mehr beschrieben: Stephen Hawking etwa feierte vor Kurzem seinen 75. Geburtstag, obwohl er bereits mit 21 Jahren an ALS erkrankte.

Die Ursachen der Erkrankung sind bislang weitestgehend unbekannt.

Vermutung untersucht

Derzeit wird in der klinischen Forschung die Vermutung verfolgt, dass eine Verwandtschaft zwischen ALS und frontotemporaler Demenz, einer seltenen Form der Demenz, bestehen könnte.

Unter der Leitung von Professor Mircea Ariel Schoenfeld untersuchte das interdisziplinäre Team mittels funktioneller Kernspintomographie eine Gruppe von 64 Patienten, die an ALS erkrankt waren, ohne Gedächtnisstörungen und 38 gesunde Probanden.

Es ging vor allem um die Frage, ob die funktionelle Verknüpfung einzelner Hirnbereiche bei den Patienten verändert ist.

Mithilfe einer neuen, selbstentwickelten Analysemethode fanden die Wissenschaftler zunächst erwartungsgemäß, dass bei ALS-Patienten tatsächlich vor allem jene Hirnregionen schlechter funktionell miteinander verknüpft sind, die für Bewegungen verantwortlich sind.

Verwandtschaft von ALS und Demenz

Interessanterweise zeigte die Analyse solche gestörten funktionellen Verbindungen aber auch in ganz anderen Hirnregionen, nämlich im Hinterhaupt- und Scheitellappen, in denen bei der frontotemporalen Demenz typischerweise neurodegenerative Veränderungen auftreten.

Diese Befunde belegten, dass frontotemporale Veränderungen ein Kernbestandteil der ALS-Erkrankung sind, obwohl die untersuchten Patienten nur schwache oder gar keine kognitiven Einbußen hatten, heißt es in einer Mitteilung des Leibniz-Instituts.

Das Besondere an der Studie ist also, dass hier zum ersten Mal krankheitsspezifische Hirnfunktionsveränderungen nachgewiesen werden konnten, bevor die entsprechenden Demenz-Symptome wie beispielsweise Vergesslichkeit auftreten.

Die Ergebnisse zeigten die enge Verwandtschaft zwischen ALS und frontotemporaler Demenz und werden zur Entwicklung von Biomarkern für diese und andere neurodegenerative Erkrankungen beitragen, für deren Analyse das neue Verfahren künftig auch eingesetzt werden kann. (eb)

3 Jahre überleben ALS-Patienten im Schnitt nach der Diagnosestellung. Stephen Hawkins war bei der Diagnose 21 Jahre alt, vor kurzem feierte er seinen 75. Geburtstag.

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