Schwindel

Einfacher Test erfasst zentrale Ursache

Erst den Kopf schütteln, um einen Nystagmus zu erzeugen, dann diesen durch Kopfneigen unterdrücken. Gelingt dies nicht, ist eine zentrale Schwindelursache recht wahrscheinlich.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Ist die Ursache des Schwindels zentral? Ein Kopfschüttel- und Neigungsstests verrät es.

Ist die Ursache des Schwindels zentral? Ein Kopfschüttel- und Neigungsstests verrät es.

© ArTo / stock.adobe.de

CANOAS. Wird ein Nystagmus durch eine horizontale Kopfbewegung induziert, lässt er sich in der Regel unterdrücken, wenn die Patienten anschließend den Kopf nach unten neigen. Dazu müssen jedoch entsprechende Schaltkreise und die Nuclei vestibulares im Kleinhirn intakt sein. Gibt es hier Läsionen, lässt sich der induzierte Nystagmus nicht mehr unterdrücken. Ein Team von Ärzten um Dr. Francisco Carlos Zuma e Maia aus Brasilien und den USA hat nun geschaut, ob sich diese Neigungssuppression des Nystagmus tatsächlich zur Unterstützung der Diagnose eignet (J Neurol 2017; 264: 1264). Dazu haben sie 39 Patienten mit bekanntem zentralem und peripherem Vestibularsyndrom einem Kopfschüttel- und -neigungstest unterzogen.

28 der Patienten hatten eine periphere vestibuläre Hypofunktion – überwiegend eine Neuritis vestibularis. Bei allen fehlten zentralnervöse Zeichen für eine Störung und alle zeigten eine reduzierte vestibuläre Antwort (> 25 Prozent) bei der Videonystagmografie oder beim videobasierten Kopfimpulstest. Patienten mit benignem paroxysmalem Lagerungsschwindel waren ausgeschlossen worden.

Bei elf Patienten hatten die Ärzte eine zentralnervöse Ursache – meist Infarkte und Tumoren – per MRT bestätigt.

Für den Kopfschütteltest dreht der Arzt den Kopf des Patienten in der horizontalen Ebene etwa zwei- bis dreimal pro Sekunde hin und her. Nach zehn Sekunden lässt er vom Patienten ab, dieser muss dann eine Minute ruhig sitzen und darf den Kopf nicht weiter bewegen. Anschließend wird der Patient aufgefordert, den Kopf bis auf die Brust zu neigen und in dieser Position eine weitere Minute zu verharren. Die Ärzte um Zuma e Maia prüften die Methode bei allen 39 Patienten und zeichneten dabei die Augenbewegungen sowohl nach dem Kopfschütteln als auch nach dem Kopfneigen per Videookulografie mittels einer Hochgeschwindigkeitsinfrarotkamera auf.

Drei der Patienten mit zentraler Schwindelursache entwickelten nach dem Kopfschütteln einen Downbeatnystagmus (im Mittel 15,9 Grad/s). Dieser wurde in der Neigungsphase jedoch nicht merklich unterdrückt (15,7 Grad/s). Die übrigen acht Patienten mit zentraler Ursache zeigten nach dem Schütteln entweder einen links- oder rechtsschlagenden Nystagmus (11,2 Grad/s). Auch hier konnte die Kopfneigung den Nystagmus nicht unterdrücken (11,4 Grad/s), bei einigen Patienten wurde das Augenzittern sogar noch verstärkt.

Ganz anders bei den Patienten mit peripher bedingtem Schwindel: Hier halbierte sich die Geschwindigkeit der Augenbewegung im Mittel von 8,4 Grad/s vor auf 4,2 Grad/s nach dem Kopfneigen.

Die Ärzte um Zuma e Maia halten den Kopfschüttel- und -neigungstest durchaus für geeignet, um am Krankenbett ohne apparativen Aufwand relativ schnell eine zentrale Ursache für den Schwindel zu erkennen: Wenn die Nystagmusunterdrückung ausbleibt, ist eine Schädigung entsprechender zerebellärer Regionen oder Schaltkreise sehr wahrscheinlich. Umgekehrt sollten Ärzte jedoch aufpassen: Auch wenn die Unterdrückung des Augenzitterns gelingt, ist damit eine zentralnervöse Ursache nicht vollständig ausgeschlossen. So könne bei einigen Patienten trotz schwindelverursachender Hirnläsionen eine gewisse Nystagmusunterdrückung erhalten bleiben.

So funktioniert der Test:

- Für den Kopfschütteltest dreht der Arzt den Kopf des Patienten in der horizontalen Ebene etwa zwei- bis dreimal pro Sekunde hin und her.

- Nach zehn Sekunden lässt er vom Patienten ab, dieser muss dann eine Minute ruhig sitzen und darf den Kopf nicht weiter bewegen.

- Anschließend wird der Patient aufgefordert, den Kopf bis auf die Brust zu neigen und in dieser Position eine weitere Minute zu verharren.

Mehr zum Thema

US-amerikanischer Neurologen-Kongress

Neue Daten zu Lecanemab: Frühe Alzheimer-Therapie lohnt sich

Neuer Hoffnungsträger

Homotaurin-Prodrug bremst Alzheimer

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Interview

vdek-Chefin Elsner: „Es werden munter weiter Lasten auf die GKV verlagert!“

Neuer Hoffnungsträger

Homotaurin-Prodrug bremst Alzheimer

Lesetipps
Experten fordern von Bund und Ländern verbindliche Vorgaben für die Kooperation von Rettungsleitstellen (Bild) und ärztlichem Bereitschaftsdienst.

© Heiko Rebsch / dpa / picture alliance

Reform des Rettungsdienstes

Bereitschaftsdienst und Rettungsleitstellen sollen eng aneinanderrücken

Die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung steht in vielen Ländern vor großen Herausforderungen. Ein Arzt aus Israel fordert deshalb mehr Zusammenarbeit.

© Vladislav / stock.adobe.com

Weiterentwicklung der Versorgung

Experte: Bei der Transformation international die Kräfte bündeln!

KBV-Chef Dr. Andreas Gassen forderte am Mittwoch beim Gesundheitskongress des Westens unter anderem, die dringend notwendige Entbudgetierung der niedergelassenen Haus- und Fachärzte müsse von einer „intelligenten“ Gebührenordnung flankiert werden.

© WISO/Schmidt-Dominé

Gesundheitskongress des Westens

KBV-Chef Gassen fordert: Vergütungsreform muss die Patienten einbeziehen