Trigeminus

Stimulation verhindert Gewitter im Gehirn

Mit einer Stimulation des Trigeminusnervs lassen sich epileptische Anfälle offenbar auch bei Patienten verhindern, bei denen Medikamente kaum wirken. In einer neuen Studie sprach fast jeder Zweite auf die Neuromodulation gut an.

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Gewitter im Gehirn: Das lässt sich bei vielen Patienten mit einer Stimulation des Trigeminusnervs vermeiden.

Gewitter im Gehirn: Das lässt sich bei vielen Patienten mit einer Stimulation des Trigeminusnervs vermeiden.

© chrisharvey / fotolia.com

LOS ANGELES. Etwa ein Drittel der Epilepsiekranken sprechen auf Antikonvulsiva nicht ausreichend an. Bei fokalen Epilepsien ist dann oft eine Hirnoperation die letzte Option, wobei das Epilepsiezentrum herausgeschnitten wird.

Doch bei einem Teil der Patienten lässt sich die Anfallshäufigkeit auch durch sensorischen Input von Hirnnerven senken. Vermutet wird, dass bestimmte Frequenzen die Synchronisierung im Gehirn, die zu einem Anfall führt, unterbrechen. Bewährt hat sich hier bereits die Stimulation des Vagusnervs, die bereits seit Ende der 1990er-Jahre angewandt wird.

In Tierversuchen und einer ersten Pilotstudie erwies sich auch die Trigeminus-Reizung als vielversprechend. Neurologen um Dr. Christopher De Giorgio von der Universität in Los Angeles haben das Verfahren nun in einer randomisiert-kontrollierten Phase-II-Studie bei 50 antikonvulsiva-resistenten Patienten weiter evaluiert.

Die Patienten hatten bereits mehr als drei erfolglose Therapieversuche hinter sich, erlitten im Schnitt mehr als fünf Anfälle pro Monat und waren schon über 20 Jahre an Epilepsie erkrankt (Neurology 2013; 80(9): 786)

Alle Patienten erhielten einen externen Stimulator, dabei wurden transkutan der rechte und linke Zweig des Trigeminusnervs über der Stirn stimuliert. In der Verumgruppe stimulierte das Gerät den Nerv mit einer Frequenz von 120 Hertz und einer Impulsdauer von 250 Mikrosekunden - diese Parameter hatten zuvor in Studien die besten Ergebnisse geliefert.

In der Kontrollgruppe wurde mit unwirksamen Parametern stimuliert (2 Hz, 50 Mikrosekunden). Die Patienten mussten das Gerät täglich mindestens zwölf Stunden tragen. Primärer Endpunkt war die Ansprechrate über 18 Monate hinweg. Als Responder galten Patienten mit einer Anfallsreduktion um mindestens 50 Prozent.

Weniger Anfälle, bessere Stimmung

Nach diesen Kriterien hatten in der Verumgruppe über den gesamten Studienverlauf hinweg im Schnitt 30 Prozent auf die Stimulation angesprochen, 21 Prozent waren es mit der Scheinstimulation. Der Unterschied war allerdings nicht signifikant.

Noch deutlicher war der Unterschied jedoch zum Studienende nach 18 Monaten: Zu diesem Zeitpunkt galten 40,5 Prozent in der Verumgruppe als Responder, aber nur noch knapp 16 Prozent in der Kontrollgruppe.

Der Anteil der Responder nahm also mit der aktiven Behandlung kontinuierlich zu, dagegen stieg er in der Kontrollgruppe nur anfangs und ging dann wieder deutlich zurück.

Der Unterschied nach sechs Wochen aktiver Therapie (18 Prozent Responder) und 18 Wochen Therapie (40,5 Prozent Responder) war dann auch tatsächlich signifikant. Auch die Stimmungsaufhellung mit aktiver Therapie war signifikant.

Keine deutlichen Unterschiede gab es bei der Zahl der Anfälle: Diese gingen mit aktiver Therapie im Median um 16 Prozent zurück, in der Kontrollgruppe um 10,5 Prozent.

Dass viele der Ergebnisse nicht signifikant waren, ist für die Studienautoren wenig überraschend, schließlich war die Zahl der Patienten recht klein und der Zweck der Studie primär, ein geeignetes Protokoll für eine Phase-III-Studie zu entwerfen.

Eine Responderrate von 40 Prozent in der Therapiegruppe sei zudem recht vielversprechend. Die Studienautoren planen nun eine Phase-III-Studie mit mindestens 200 Patienten.

Als Nebenwirkungen traten Hautreizungen (14 Prozent), Ängste (vier Prozent) und Kopfschmerzen (ebenfalls vier Prozent) auf. Insgesamt sei die Stimulation aber gut vertragen worden, schreiben DeGiorgio und Mitarbeiter. (mut)

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