Parkinson-Therapie schöpft aus Präparate-Fundus

NEU-ISENBURG (eb). Wenn es für Menschen mit Morbus Parkinson im Frühstadium immer schwieriger wird, im Alltag zurecht zu kommen, sollte dies Anlaß für den Therapiebeginn sein. Mit L-Dopa oder Dopamin-Agonisten sollte eingestiegen werden, wenn die Symptome den Patienten deutlich einschränken.

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Alter der Patienten, Begleiterkrankungen sowie Art und Stärke der Symptome bestimmen den Therapiebeginn. Bei milder Bradykinese und schwachem Rigor läßt sich zum Beispiel der Beginn einer dopaminergen Medikation hinauszögern, wenn eine Monotherapie mit dem Glutamat-Antagonisten Amantadin (etwa PK Merz®) oder dem MAO-B-Hemmer Selegilin (etwa Movergan®) begonnen wird. Herrscht zunächst ein leichter Tremor vor, kann auch ein Versuch mit Budipin (Parkinsan®) oder Budipin plus Selegilin unternommen werden, sagt Professor Heinz Reichmann aus Dresden.

Therapieoptionen bei Morbus Parkinson
Substanzklasse Wirkstoffe Handelsnamen
L-Dopa (plus Decarboxylasehemmer)
 
L-Dopa / Benserazid
etwa Madopar®
L-Dopa / Carbidopa
etwa Nacom®
COMT-Hemmer
Entacapon
Comtess®
Fixkombination
L-Dopa / Carbidopa / Entacapon
Stalevo®
Dopamin-Agonisten        Apomorphin
APO-go®
Bromocriptin
etwa Pravidel®
Cabergolin
Cabaseril®
a-Dihydroergocryptin
Almirid®, Cripar®
Lisurid
Dopergin®
Pergolid
etwa Parkotil®
Pramipexol
Sifrol®
Ropinirol ReQuip®
NMDA-Rezeptor-
Antagonisten
 
Amantadin
etwa PK-Merz®
Budipin
Parkinsan®
MAO-B-Hemmer Selegilin etwa Movergan®
Quelle: Rote Liste, Tabelle: ÄRZTE ZEITUNG
Die meisten Mittel gegen Parkinson gehören zur Gruppe der Dopamin-Agonisten.

Werden die Patienten allerdings durch die Symptome bereits stark eingeschränkt, ist eine Therapie mit Dopamin-Agonisten oder L-Dopa erforderlich. In den Leitlinien des Kompetenznetzes Parkinson wird empfohlen, bei Patienten unter 70 Jahren ohne schwere Begleiterkrankungen und ohne kognitive Defizite mit einem Dopamin-Agonisten zu beginnen.

Bei Patienten über 70 Jahren, bei Patienten, die kognitive Störungen haben oder multimorbid sind, wird dagegen eine initiale Monotherapie mit L-Dopa (etwa Madopar®, Nacom®) empfohlen. Die Substanz wird auch von älteren Patienten sehr gut vertragen und bessert bei 80 bis 90 Prozent der Patienten im Frühstadium die Symptome deutlich. Der Vorteil dieser Strategie: Bei älteren Patienten ist das Risiko, daß sie mit L-Dopa Dyskinesien entwickeln, deutlich geringer als bei jüngeren Patienten. Mit Dopamin-Agonisten ist dagegen bei älteren Patienten das Risiko, pharmakogene Psychosen zu entwickeln, höher als bei jüngeren.

Kommt es nach Jahren der Behandlung zu Wirkungsfluktuationen und Dyskinesien, so kann den Leitlinien zufolge zu einer L-Dopa-Monotherapie zusätzlich ein Dopamin-Agonist verabreicht werden - bei gleichzeitiger Reduktion der L-Dopa-Dosis. Erhalten die Patienten bereits die Kombination L-Dopa plus Agonist, sollte versucht werden, die Agonisten-Dosis zu erhöhen und die L-Dopa-Dosis zu reduzieren.

Da Agonisten eine wesentlich längere Halbwertszeit (bis zu 64 Stunden) haben als L-Dopa (etwa 1,5 Stunden), läßt sich so eine gleichmäßigere dopaminerge Stimulation erreichen. In Studien mit Kombinationen von hohen Agonisten-Dosierungen und reduzierter L-Dopa-Dosis konnten Fluktuationen und auch Dyskinesien stark reduziert werden. Eine andere Option ist eine Kombi-Therapie von L-Dopa und Entacapon (Comtess®), das die Wirkdauer von L-Dopa verlängert. Seit kurzem gibt es erstmals eine Fixkombination (Stalevo®) mit L-Dopa, Carbidopa und Entacapon.

Auch eine Hochdosistherapie, etwa mit dem Dopamin-Agonisten Cabergolin (Cabaseril®), reduziert Dyskinesien und erlaubt, die tägliche Dosis von L-Dopa zu reduzieren, wie vor kurzem eine Phase-IV-Studie ergeben hat.

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