Neuartiges Medikament bremst Multiple Sklerose

AMSTERDAM (ars). Der neuartige Wirkstoff Natalizumab für Patienten mit Multipler Sklerose (MS) ist jetzt in Deutschland auf den Markt gekommen. In der Zulassungsstudie wurde durch die Therapie das Fortschreiten der Behinderungen verzögert und die Zahl der Schübe verringert.

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Natalizumab (Tysabri®) funktioniert nach einem neuartigen Prinzip: Es hemmt die Wanderung von Lymphozyten durch die Blut-Hirn-Schranke und damit einen entscheidenden Schritt bei der Bildung von Läsionen im Gehirn.

Der Antikörper wirkt, indem er an Eiweiße (Integrine) auf der Oberfläche der Lymphozyten bindet. Dadurch sind diese Abwehrzellen nicht mehr in der Lage, an Adhäsionsmoleküle im Endothel von Blutgefäßen anzudocken. Das aber ist für die Fortbewegung unerläßlich.

An der Studie, die Dr. Chris Polman von der Universität Amsterdam geleitet hat, nahmen knapp 1000 Patienten mit schubförmiger MS teil. 627 erhielten einmal pro Monat eine intravenöse Infusion mit Natalizumab, 315 mit Placebo (NEJM 354, 2006, 899).

Die Untersuchung nach zwei Jahren Therapie ergab: Bei nur 17 Prozent der Patienten in der Verumgruppe, aber bei 29 Prozent in der Placebogruppe hatten sich die Behinderungen nach EDSS um mindestens einen Punkt verschlechtert. Mit EDSS (Expanded Disability Status Scale) wird der Schweregrad der Behinderungen auf einer Punkteskala von eins bis zehn beurteilt.

Mit Natalizumab war auch die jährliche Zahl der Schübe pro Patient geringer, und zwar 0,26 zu 0,81. Der Erfolg spiegelte sich in den anatomischen Strukturen wider: Die Rate der neuen oder größer gewordenen Läsionen im Gehirn war um 83 Prozent niedriger als mit Placebo. Das stellte sich mit Kernspintomographie heraus.

Das Mittel ist in den USA 2004 erstmals zugelassen worden. Aber 2005 hatten die Unternehmen Biogen und Elan den Vertrieb gestoppt, nachdem zwei Patienten an einer seltenen Infektion des Nervensystems gestorben waren. Sie hatten Natalizumab mit einem anderen Medikament erhalten.

Kürzlich hat die FDA erneut ihre Genehmigung erteilt, die Europäische Kommission folgte Ende Juni. Die Zulassung gilt nur für die Monotherapie. Geeignet ist sie für Patienten, die trotz Anwendung von ß-Interferon an hoher Krankheitsaktivität leiden oder bei denen die MS in Schüben rasch voranschreitet.

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