Hautzellen verstärken Analgesie durch Cannabis

TUCSON (ars). Cannabis wirkt unter anderem dadurch schmerzlindernd, daß es Rezeptoren in der Haut aktiviert, die schließlich körpereigene Opioide freisetzen. Dieses Ergebnis US-amerikanischer Wissenschaftler bietet eine Ausgangsbasis zur Entwicklung topisch anwendbarer Analgetika in der Medizin.

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Der Hauptbestandteil von Cannabis, das Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC), bindet an zwei unterschiedliche Cannabinoid-Rezeptoren mit den Bezeichnungen CB1 und CB2.

CB1 kommt vor allem im zentralen Nervensystem vor und vermittelt unterschiedliche Effekte von THC. Sein Gegenstück, der zum peripheren Nervensystem gehörige CB2-Rezeptor, mildert bei Versuchstieren den akuten und chronischen Schmerz. Allerdings war bisher unbekannt, wie diese Wirkung zustande kommt.

    Immunzellen sind Teil des Regelkreises.
   

Nun haben Dr. Mohab Ibrahim und seine Kollegen von der Universität Arizona in Tucson herausgefunden, daß die CB2-Rezeptoren sich auf Keratinozyten der Haut befinden.

Heftet sich ein passender Wirkstoff an, werden sie aktiviert und bewirken die Ausschüttung des körpereigenen Opioids Beta-Endorphin (PNAS 102, 2005, 3093). Dieses Peptid wiederum bindet an Opioidrezeptoren auf sensorischen Nerven. Die lindert schließlich die Schmerzen.

Für ihre Experimente richteten die Forscher einen starken Lichtstrahl auf die Fußsohle von Mäusen. Sobald die Tiere die Hitze spürten, zogen die sie die Pfote weg. Bekamen sie einen Wirkstoff, der den CB2-Rezeptor aktivierte, dauerte es bis zu dieser Reaktion deutlich länger, die Tiere hielten Schmerzen länger aus.

Wegen des reichlichen Vorkommens von CB2-Rezeptoren liegt es nahe, eine Bedeutung bei der natürlichen Regulation der Schmerzempfindlichkeit zu vermuten. Daran könnten zum Beispiel infiltrierende Immunzellen beteiligt sein, denn sie stellen nach entzündlichen Verletzungen das körpereigene Cannabinoid Anadamid her.

Die Entdeckung zur Wechselwirkung von Opioiden und Cannabinoiden hat klinische Relevanz. Bei beiden Substanzklassen löst die effektive Dosis unerwünschte Wirkungen aus, die ihren Gebrauch einschränken: Sedierung, Euphorie oder Dysphorie. Opioide können außerdem eine manchmal lebensbedrohliche Atemdepression hervorrufen.

Diese Risiken lassen sich durch eine gemeinsame Applikation beider Mittel vermindern, weil man dann ihre Menge verringern kann, ohne den analgetischen Effekt zu beeinträchtigen. Insgesamt bietet die Schmerzlinderung über das periphere Nervensystem vielversprechende Möglichkeiten für neue nicht-invasive, topisch anwendbare Medikamente ohne psychotrope Wirkungen.

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