Vier Stunden vor der Glotze - Alarmsignal für Pädiater

Der Anteil der Jugendlichen, die TV und Internet im Übermaße nutzen, nimmt zu. Doch was ist Übermaß? Forscher streiten darüber, ab wann eine Abhängigkeit vorliegt.

Veröffentlicht:
Jugendliche am Computer: Wissenschaftler sind uneins, bei welchem Medienkonsum von Abhängigkeit gesprochen werden kann.

Jugendliche am Computer: Wissenschaftler sind uneins, bei welchem Medienkonsum von Abhängigkeit gesprochen werden kann.

© Gina Sanders / fotolia.com

WEIMAR (ras). Fast 20 Prozent aller Jugendlichen leben heute mit dem "Suchtpotenzial Medienabhängigkeit." Drei Prozent gelten bereits als medienabhängig, 15 Prozent müssen als gefährdet angesehen werden.

Auf diese Zahlen hat Professor Rainer Riedel vom Institut für Medizin-Ökonomie und medizinische Versorgungsforschung der FH Köln beim Kongress für Jugendmedizin in Weimar hingewiesen.

Dabei, so Riedel, werde von Ärzten immer wieder die Frage aufgeworfen, wann eine Medienabhängigkeit vorliegt. Die Forschungslage hierzu sei dürftig, zumal noch nicht einmal eine eigene ICD-Diagnose für Mediensucht existiert - diese gibt es lediglich für Spielsucht.

In der Regel könne man davon ausgehen, dass eine regelmäßige Mediennutzung von vier Stunden oder mehr am Tag "grenzwertig" sei und ein Gefährdungs- oder bereits Abhängigkeitspotenzial anzeige, sagte Riedel.

Frage nach dem Avatar - positive Reaktion

Dies treffe insbesondere dann zu, wenn Jugendliche als Folge des übermäßigen Medienkonsums ihre täglichen Pflichten vernachlässigen und sich von Freunden immer weiter zurückziehen.

Ein weiteres Gefährdungssymptom sei, wenn Jugendliche bei Medienabstinenz körperliche oder psychische Entzugssyndrome zeigten. Riedel forderte Ärzte auf, sich stärker mit der Medienabhängigkeit zu befassen.

Jugendliche würden positiv reagieren, wenn sie vom Arzt konkret nach einem gängigen Computerspiel oder nach ihrem "Avatar" gefragt würden. Ein "Avatar" ist eine fiktive Bildschirmgestalt eines Nutzers etwa bei Onlinerollenspielen oder in Chats.

Sinnvoll sei es, gefährdete Jugendliche ein Medientagebuch führen zu lassen, um festzustellen, ob sie überhaupt noch Bücher oder Zeitungen lesen.

Für elementar hält es Riedel, bei unter Dreijährigen auf jeglichen Medienkonsum zu verzichten und im Vorschul- und Schulalter Computer solange wie möglich aus dem Kinderzimmer fernzuhalten.

Mehr zum Thema

Nach Teil-Legalisierung in Deutschland

Scholz gibt an chinesischer Universität Cannabis-Tipps

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Kommunikation und Datenschutz

Neue Perspektiven für IT in der Praxis

Lesetipps
Ulrike Elsner

© Rolf Schulten

Interview

vdek-Chefin Elsner: „Es werden munter weiter Lasten auf die GKV verlagert!“