Hörschaden

Blauer Dunst schlägt auf die Ohren

Rauchen und auch Passivrauchen erhöhen anscheinend das Risiko für Hörschäden. Britische Forscher haben herausgefunden: Je mehr gequalmt wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Gehör verschlechtert.

Von Dr. Elke Oberhofer Veröffentlicht:
Kann nicht verstehen! Je länger und je mehr Menschen in ihrem Leben bisher geraucht haben, desto höher ist ihr Risiko für Schwerhörigkeit.

Kann nicht verstehen! Je länger und je mehr Menschen in ihrem Leben bisher geraucht haben, desto höher ist ihr Risiko für Schwerhörigkeit.

© ArTo / fotolia.com

MANCHESTER. Ob und in welcher Richtung sich Zigarettenrauchen und Alkoholkonsum auf das Gehör auswirken, haben britische Forscher untersucht. Analysiert haben sie Daten aus der UK Biobank.

In dem Register werden Umwelteinflüsse im Zusammenhang mit Erkrankungen erfasst. Ausgewertet wurden Daten von 164.000 Personen im Alter von 40 bis 69 Jahren, die sich einem Hörtest unterzogen hatten (JARO 2014; 15: 663).

Als Hörschaden definierten die Studienautoren um Piers Dawes von der Universität Manchester im Bereich zwischen 500 und 4000 Hz eine Schwelle von mehr als 25 dB Hörverlust im Vergleich zu gesunden Ohren.

Als Hörtest war der Digit Triplet Test (DTT) verwendet worden: Dieser misst das Vermögen, Sprachstimuli vor einer Kulisse von Hintergrundgeräuschen zu erkennen. Die Ergebnisse werden in Form von Skalenwerten angegeben, dem Signal to Noise Ratio (SNR).

Dabei entsprechen niedrigere Werte einem besseren Hörvermögen. Als Referenzgruppe diente den Forschern eine Gruppe von Teilnehmern im Alter zwischen 18 und 29 Jahren mit normaler Hörfähigkeit.

Studie mit 21.260 Teilnehmern

Untersucht wurden Testergebnisse von 21.260 Teilnehmer mit eingeschränktem Hörvermögen sowie das Rauchverhalten und der Alkoholkonsum der Probanden. Die Ergebnisse wurden mit einer Referenzgruppe verglichen.

Ergebnis: Beide Faktoren nahmen maßgeblichen Einfluss auf das Hörvermögen. Wer zum Zeitpunkt der Untersuchung Raucher war, hatte im Vergleich zu Nichtrauchern ein um gut 15 Prozent höheres Risiko, schlecht zu hören. Dieser Unterschied ist signifikant.

Ex-Raucher dagegen waren sogar gegenüber Nie-Rauchern im Vorteil. Wie die Forscher spekulieren, könnte dies aber auch mit einem nach dem Rauchstopp besonders gesundheitsbewussten Verhalten zusammenhängen.

Auf der anderen Seite waren Teilnehmer, die - egal wie viel - Alkohol konsumierten, insgesamt um 40 Prozent weniger gefährdet, einen Hörschaden zu erleiden, als lebenslängliche Abstinenzler. Dies überrascht insofern, als man eigentlich eine U-förmige Verteilung erwartet hätte.

Mäßige Mengen Alkohols hätten demnach in einem geringeren Risiko für Schwerhörigkeit resultieren müssen, große Mengen in einem höheren Risiko. Tatsächlich war der Alkohol vor allem dann protektiv, wenn er zu einer Mahlzeit genossen wurde.

Ursächlich vermuten die Forscher entweder eine Blutdruckabnahme, eine gesteigerte Fibrinolyse, steigende HDL-Werte, eine verminderte Resorption oder eine verstärkte Elimination des Blutalkohols. Das Glas Wein zum Essen könnte aber auch Zeichen eines höheren Lebensstandards sein, der die Betroffenen möglicherweise vor Hörschäden schützt, so die Überlegung der Autoren.

Effekt ist dosisabhängig

Bei den Rauchern zeigte sich eine deutliche Dosisabhängigkeit: Je mehr Packungsjahre sie auf dem Buckel hatten, desto höher war das Risiko für einen Hörschaden. In der höchsten Quartile war das Risiko gegenüber der niedrigsten um den Faktor 1,3 erhöht.

Bemerkenswert für die Forscher: Auch Passivrauchen schadet offenbar dem Gehör (OR 1,28). Und auch hier zählte der Zeittraum, über den die Betroffenen den blauen Dunst abbekamen.

Die Ergebnisse, so die Forscher, waren zwar um viele Einflussfaktoren wie Lärm- (auch Musik-)Exposition, Bluthochdruck, Übergewicht, kardiovaskuläre Erkrankungen oder die Einnahme ototoxischer Medikamente bereinigt.

Trotzdem sei es möglich, dass der Effekt durch Faktoren beeinflusst war, die man nicht gemessen hatte. So spielen zum Beispiel auch genetische Zusammenhänge in puncto Hörverlust eine wichtige Rolle.

Rückschlüsse auf die Ursache der Hörschäden lassen sich auf der Grundlage der Querschnittsstudie nicht ziehen, betonen die Autoren. Sie vermuten aber außer kardiovaskulären Effekten auch einen direkten ototoxischen Effekt des Tabakrauchs.

Mehr zum Thema

Nach Teil-Legalisierung in Deutschland

Scholz gibt an chinesischer Universität Cannabis-Tipps

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Ulrike Elsner

© Rolf Schulten

Interview

vdek-Chefin Elsner: „Es werden munter weiter Lasten auf die GKV verlagert!“