Drogen und Libido

Kaum Ekstase unter Ecstasy

Speed, Crystal Meth, Ecstasy - von solchen Drogen verspricht sich mancher Mann ein besseres Sexualleben. Wer täglich Amphetamine einwirft, muss jedoch eher mit einem schlaffen Penis, Unlust oder gar einer Potenzschwäche rechnen.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Regelmäßiger Amphetamin-Konsum kann sich negativ auf die Libido auswirken.

Regelmäßiger Amphetamin-Konsum kann sich negativ auf die Libido auswirken.

© Sven Baehren / fotolia.com

KAOHSIUNG/TAIWAN. Was ist dran am Mythos der ungebändigten Manneskraft unter dem Einfluss aufputschender Amphetamine? Eher wenig, stellen chinesische Ärzte fest.

Die meisten Amphetaminkonsumenten verspüren kaum eine aphrodisierende oder gar potenzsteigernde Wirkung. Häufig ist sogar das Gegenteil der Fall, glaubt man den Angaben von jungen Männern, die wegen eines Drogendelikts in einer Entziehungsanstalt in Taiwan einsitzen mussten.

In solche Anstalten werden häufig Personen verfrachtet, die wegen des Konsums illegaler Drogen erwischt werden. Sie müssen dann in der Regel eine zwei Monate dauernde Entgiftungskur durchstehen, bevor sie wieder auf freien Fuß oder vor Gericht kommen, schreiben Ärzte um Dr. Nan-Hua Chou von Veterans General Hospital in Taiwans zweitgrößter Stadt Kaohsiung (J Sex Med, online 6. Juli 2015).

Erektile Funktion eingeschränkt

Den Ärzten um Chou ist es gelungen, über 1200 Männer mit illegalem Amphetaminkonsum zu ihrem Sexualleben und den Auswirkungen des Drogenkonsums auf eben dieses zu befragen. Ausgewählt wurden nur solche Männer, die in den drei Monaten zuvor ausschließlich Amphetamin-Derivate als illegale Drogen konsumiert hatten.

Dazu zählen etwa Ecstasy (3,4-Methylendioxy-N-Methylamphetamin, MDMA), Crystal Meth (Methamphetamin) oder Methylphenidat. Ihre Angaben wurden mit denen von 211 gleich alten Männern ohne Drogenprobleme verglichen.

Die sexuelle Funktion bestimmten die Ärzte in beiden Gruppen mit dem International Index of Erectile Function (IIEF).

Sexuelle Zufriedenheit niedriger

Wie sich herausstellte, schnitten die Drogenkonsumenten beim IIEF-Gesamtscore geringfügig, wenn auch signifikant schlechter ab als die Kontrollgruppe (62,7 versus 65,0 Punkte). Besonders die erektile Funktion, die Orgasmusfähigkeit und die sexuelle Zufriedenheit waren bei den Drogenkonsumenten deutlich schwächer ausgeprägt. Keine signifikanten Unterschiede gab es hingegen beim sexuellen Verlangen und der Zufriedenheit mit dem Geschlechtsakt.

Auffallend war vor allem, dass knapp 30 Prozent der Drogenkonsumenten eine - meist milde - Potenzschwäche zeigten, nur 12 Prozent waren es in der Kontrollgruppe.

Allerdings lässt sich nicht erkennen, ob die Drogen daran schuld sind oder ob die Potenzschwäche eher zum Amphetaminkonsum verleitet. Auch andere Probleme wie Alkoholismus (10,5 versus 0,5 Prozent) und Nikotinsucht (90 versus 23 Prozent) könnten an der schwächelnden Potenz beteiligt sein.

Immerhin 31% der Amphetamin-User waren der Ansicht, dass die Rigidität ihres besten Stücks unter dem Drogenkonsum litt. 16,5 Prozent meinten dagegen, die Droge mache es noch härter. 26 Prozent glaubten, ihr Sexualleben sei durch den Drogenkonsum weniger zufriedenstellend, knapp 21 Prozent behaupteten das Gegenteil.

Intensiverer Orgasmus

Auf das sexuelle Verlangen haben die Drogen offenbar keinen großen Einfluss: Ein Viertel glaubte, es werde dadurch gesteigert, ein Viertel stellte eine Verminderung fest, die übrigen sahen keinen Einfluss.

In zwei Bereichen können Amphetamine aber klar punkten: Knapp 29 Prozent gaben an, dass ihnen die Substanzen einen intensiveren Orgasmus bescheren, 17 Prozent vermuteten das Gegenteil. Auch die Ejakulation wird nach Auffassung von 38 Prozent durch die Drogen verzögert, nur 16 Prozent gehen von einer Beschleunigung aus.

Bei jeder Frage gab aber rund die Hälfte der Drogenkonsumenten an, dass sie keinen Einfluss auf die jeweilige Sexualfunktion feststellen konnten.

Falls Amphetamine also tatsächlich das Sexualleben beeinflussen, ist dieser Einfluss wohl nicht besonders ausgeprägt.

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