Rauschgift

Zahl der Drogentoten erneut gestiegen

Zum vierten Mal in Folge sind im vergangenen Jahr mehr Menschen in Folge des Konsums illegaler Drogen gestorben als im Vorjahr. Besonders auffällig ist der Anstieg bei den "Legal highs".

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
1333 Menschen sind 2016 in Deutschland in Folge ihres Konsums von Rauschmitteln gestorben.

1333 Menschen sind 2016 in Deutschland in Folge ihres Konsums von Rauschmitteln gestorben.

© Artem Furman / Fotolia

BERLIN. In Deutschland sind im vergangenen Jahr 1333 Menschen an den Folgen des Konsums von Heroin, Kokain, Cannabis, Crystal Meth, Amphetaminen und neuen psychoaktiven Substanzen (NPS) gestorben, hat die Drogenbeauftragte der Bundesregierung Marlene Mortler (CSU) am Montag bekannt gegeben. Das waren 107 mehr als ein Jahr zuvor. 2012 hatte die Zahl der Drogentoten mit 944 einen Tiefststand erreicht.

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Die meisten Opfer, überwiegend von Heroin, waren laut der am Montag veröffentlichten Statistik in Berlin, Bayern, Nordrhein-Westfalen und Rheinland Pfalz zu beklagen. Mortler machte auf eine mögliche Dunkelziffer aufmerksam. Die gemeldeten Zahlen seien auch auf unterschiedliche Obduktionspraktiken zurückzuführen, sagte die Drogenbeauftragte. Der Drogentod ist überwiegend männlich: 84 Prozent der Opfer waren Männer, im Schnitt 38 Jahre alt.

Bei den als "Legal Highs" bekannten NPS hat sich ausweislich des Berichts die Zahl der Opfer nahezu verdoppelt. Waren es 2015 noch 39 Tote aufgrund der als Badesalze oder Kräuterkissen angebotenen Drogen, mussten für 2016 bereits 76 Tote in die Statistik aufgenommen werden. Erstmals aufgeführt wurden dort auch die 22 in Folge des Konsums von synthetischen Opioiden verstorbenen Menschen. Zu dieser Stoffklasse zählen zum Beispiel Fentanyl-Derivate. Die Zahlen belegten, wie "tückisch" diese Stoffe seien, sagte Mortler.

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Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler: "Dass die Drogentotenzahlen zum vierten Mal in Folge angestiegen sind, ist keine gute Nachricht. Wir brauchen noch umfassendere Hilfen für Abhängige und deren Angehörige." Vor allem aber müssen Prävention und Frühintervention gestärkt werden. "Jeder, der erstmalig mit einer verbotenen Substanz aufgegriffen wird, muss mit seinem Drogenkonsum konfrontiert werden und umgehend Beratung erhalten", so Mortler. Weder die Forderung nach einem Kampf gegen die Drogen helfe weiter, noch der Ruf nach einer Legalisierung. Die große Herausforderung sei die zunehmende Bandbreite verfügbarer Substanzen und der zunehmende Mischkonsum. Diese Trends könnten wir nur mit einem breiten Fächer gesundheitspolitischer Maßnahmen gebremst werden. Und natürlich brauchen wir auch eine funktionierende Strafverfolgung, damit Drogen nicht an jeder Ecke zu haben sind."

Aus der Opposition drang umgehend Kritik. Die Zahlen seien ein weiterer Beleg dafür, dass die Drogenpolitik der Bundesregierung gescheitert sei, sagte der drogenpolitische Sprecher der Grünen Harald Terpe. Nötig sei ein Primat gesundheitspolitischer Maßnahmen wie zum Beispiel die Einrichtung von Drogenkonsumräumen oder Möglichkeiten für Konsumenten, saubere Spritzen zu bekommen. "Solange sich die Bundesregierung aus allein ideologischen Gründen dagegen sträubt, wird die Zahl der Drogentoten weiter zunehmen", sagte Terpe am Montag.

Die Rezepte der Drogenbeauftragten gegen die zunehmende Drogensterblichkeit sind bekannt: Substitution und Frühintervention. "Wir wollen mehr Heroinkonsumenten für die Substitution gewinnen", sagte die Unions-Politikerin.

Wann Drogenabhängige eine Substitutionstherapie erhalten, soll zudem künftig nicht mehr allein von der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung geregelt werden. Die Voraussetzungen für eine solche Therapie sollen stattdessen in die Richtlinienkompetenz der Bundesärzteammer (BÄK) überführt werden. Am kommenden Freitag entscheidet der Bundesrat über die Änderung der Verordnung.

Mortler plädierte dafür, die Frühintervention zum Standard zu erheben. Jeder, der erstmalig mit Drogen aufgegriffen werde, müsse mit seinem Drogenkonsum konfrontiert werden und Beratung erhalten. "Ohne erhobenen Zeigefinger", sagte Mortler.

Zahlreiche Indizien sprächen dafür, dass illegale Drogen weiter in großem Umfang verfügbar blieben, sagte der Chef des Bundeskriminalamts Holger Münch. Die Anbauflächen für Heroin, Kokain und Cannabis in Afghanistan, Kolumbien und Albanien seien erheblich ausgeweitet worden. Zudem würden Drogen verstärkt über Vertriebsplattformen im Internet vertrieben.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Drogenbeauftragte : Drogentote – düstere Bilanz

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