Bei neuropathischen Schmerzen sind Opioide erste Wahl

WIESBADEN (ner). Opioide gehören bei neuropathischen Schmerzen zur Therapie der ersten Wahl. Die in Deutschland weit verbreitete Angst vor Opioid-Abhängigkeit sei unbegründet, so der Anästhesist und Allgemeinmediziner Dr. Ulf Schutter aus Marl.

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50 Prozent der Patienten nach einer Thorakotomie, etwa wegen Herz-/Lungeneingriffen, haben neuropathische Schmerzen. Häufig seien sie auch nach Cholezystektomie, bei Diabetikern oder bei alkohlinduzierter Polyneuropathie, so Schutter bei einer Veranstaltung des Unternehmens Grünenthal in Wiesbaden.

Hausärzte als meist erste Ansprechpartner sollten in der Schmerztherapie eng mit Spezialisten zusammenarbeiten, empfahl Schutter, der in seiner Region mit Kollegen eine Schmerzkonferenz initiiert hat. Hausärzte können dort Problempatienten vorstellen.

Ein häufiger Fehler in der Schmerztherapie sei, so Schutter, etwa das Aufsparen von Opioidanalgetika, um noch etwas zu haben, wenn anderes nicht mehr hilft. Gerade bei nichtmalignen Erkrankungen bestehe zudem eine irrationale Angst vor Sucht- und Toleranzentwicklung.

Suchtgefahr bestehe aber nur, wenn nicht regelmäßig "nach der Uhr" dosiert werde, sondern nach Bedarf. Es sei wichtig, einen gleichmäßigen Wirkspiegel aufrecht zu erhalten, etwa mit transdermalen Systemen wie dem Buprenorphin-Matrixpflaster (Transtec®). Statt einer Opioid-Dauermedikation werde dagegen oft eine Tranquilizer-Dauermedikation praktiziert, kritisierte Schutter. "Das dient jedoch nur der Beruhigung des Arztes!"

Schutter schilderte anhand einer Kasuistik, wie sich mit einer Kombination aus trizyklischen Antidepressiva, Antikonvulsiva und Opioiden die Prognose von Patienten mit neuropathischen Beschwerden bessern läßt. Bei einem 67jährigen Mann mit diabetischer Polyneuropathie, der seit drei Jahren einschießende, teils brennende Schmerzen in den Beinen hatte, konnte mit Amitriptylin, Gabapentin und hochdosiertem Tramadol keine ausreichende Linderung erreicht werden.

Der Mann hatte bei der Therapie zudem starke Übelkeit und Mundtrockenheit. Nach Umstellung auf transdermales Buprenorphin nahmen die Schmerzen von mittelstark bis stark (5 bis 8 auf der zehnstufigen visuellen Analogskala) auf 1 bis 2 ab. Zudem konnte die Amitriptylin-Dosis reduziert werden, die unerwünschten Effekte nahmen ab. Eine Dosiserhöhung des Buprenorphins war auch nach acht Monaten nicht nötig.

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