Neuropathischer Schmerz

OB-1 hemmt Schmerzen ganz gezielt

Die Substanz OB-1 lindert neuropathische Schmerzen, ohne andere, wichtige Sinneswahrnehmungen zu stören.

Veröffentlicht:

BERLIN. Bei Menschen mit Nervenverletzungen oder Erkrankungen wie der diabetischen Neuropathie kann die leichteste Berührung heftigen Schmerz auslösen. Forscher am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) haben einen Weg gefunden, wie sich der Schmerz bei Mäusen durch Injizieren eines Wirkstoffs in die Haut unterdrücken lässt (Nature Neuroscience 2017; 20: 209–218).

Die Substanz hemmt einen Ionenkanal im Nervensystem, der verantwortlich ist für die Wahrnehmung leichten mechanischen Drucks, teilt das MDC mit. Nach Verletzungen führt eine Aktivierung dieses Kanals auch zu neuropathischen Schmerzen. Die neue Substanz lässt diese Art Schmerz verschwinden. Der Wirkstoff, den Cécile-Vogt-Stipendiatin Dr. Kate Poole, Dr. Christiane Wetzel und ihre Kollegen im Team von Professor Gary Lewin an MDC und Charité identifiziert haben, lindert neuropathische Schmerzen, ohne andere, wichtige Sinneswahrnehmungen zu stören, so das MDC.

Sehr leichte Berührungen werden von molekularen Sensoren in der Haut detektiert, wie dem Ionenkanal Piezo2. Diese Kanäle verhalten sich wie winzige Ventile in der Membran von Nervenzellen: sie öffnen sich, wenn die Haut leicht berührt wird. Im geöffneten Zustand passieren elektrisch geladene Teilchen das Ventil, und es entsteht ein elektrisches Signal, das durch die Zelle verstärkt und an das Gehirn weitergeleitet wird. Das Protein STOML3 moduliert die Funktion von Piezo2.

Die Forscher unterzogen STOML3 einem Wirkstoff-Screening, bei dem 35.000 verschiedene chemische Stoffe in groß angelegten In-Vitro-Experimenten getestet wurden. Sie fanden eine Substanz namens OB-1. OB-1 verhindert, dass sich mehrere STOML3-Proteine zusammenlagern und hemmt damit die Funktion des Proteins. Folgende elektrochemische Messungen an Zellen bestätigten: wenn das geschieht, bleibt der Ionenkanal Piezo2 geschlossen. Bei Mäusen hemmte die Chemikalie wirksam die Wahrnehmung leichter Berührungen. Unter dem Einfluss von OB-1 ließ die Empfindlichkeit der Tiere deutlich nach. Nach Abklingen der Wirkung des Wirkstoffs kehrte die normale Empfindlichkeit zurück. (eb)

Mehr zum Thema

„ÄrzteTag“-Podcast

Was steckt hinter dem Alice-im-Wunderland-Syndrom, Dr. Jürgens?

Schmerzintensität, Häufigkeit und Dauer untersucht

Regelmäßiges Kaffeetrinken nicht mit Migräne assoziiert

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
„Wenn die Politik Wissenschaftlern sagen würde, wir wollen dieses oder jenes Ergebnis, ist das Propaganda.“ Klaus Überla – hier im Treppenhaus seines Instituts – über Einmischungen aus der Politik.

© Patty Varasano für die Ärzte Zeitung

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

Neue Hoffnung für Patienten mit Glioblastom: In zwei Pilotstudien mit zwei unterschiedlichen CAR-T-Zelltherapien blieb die Erkrankung bei einigen Patienten über mehrere Monate hinweg stabil. (Symbolbild)

© Richman Photo / stock.adobe.com

Stabile Erkrankung über sechs Monate

Erste Erfolge mit CAR-T-Zelltherapien gegen Glioblastom