Ärzte klären auf

Die größten Migräne-Mythen und was an ihnen dran ist

Kaugummikauen, Wetterumschwünge, Zitrusfrüchte: Angebliche Auslöser für Kopfschmerz gibt es viele. Welches Gerücht stimmt und welches Humbug ist, darüber klärt eine Initiative jetzt auf.

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Kopfschmerz kann quälen – doch was löst ihn eigentlich aus? Zum Kopfschmerz-Tag räumen Ärzte mit Mythen rund um die Migräne auf.

Kopfschmerz kann quälen – doch was löst ihn eigentlich aus? Zum Kopfschmerz-Tag räumen Ärzte mit Mythen rund um die Migräne auf.

© Wuestenhagen / dpa

NEU-ISENBURG. Wer kennt ihn nicht, diesen bohrenden Schmerz im Kopf? Vor allem unter Kindern und Jugendlichen wächst der Anteil jener, die regelmäßig unter Kopfschmerzen und Migräne leiden.

Präventionsprojekt

Ab diesem Schuljahrsollen Siebtklässler in drei Doppelstunden lernen, wie sie Kopfschmerzen vorbeugen können.

Bislang 17 Krankenkassen beteiligen sich an der „Aktion Mütze“.

Hintergrund: 8,5 Prozent der Zwölfjährigen sind wegen Kopfschmerzen in Behandlung.

Untersuchungen haben gezeigt, dass über 80 Prozent der 12- bis 19-Jährigen in den zurückliegenden sechs Monaten unter Kopfschmerzen litten.

Darauf weist die Initiative Schmerzlos anlässlich des Kopfschmerz-Tages am Samstag hin - und räumt mit den gängigsten Mythen rund um das Dröhnen im Kopf auf.

Handy-Strahlung: Kann die Strahlung von Handys tatsächlich Kopfschmerzen verursachen, wie viele glauben? "Es gibt keine Studie, die darauf hinweisen würde, dass die ‚Strahlung‘ durch die normale Benutzung von Handys oder anderen elektrischen Quellen zu Kopfschmerzen beitragen könnte", entwarnt Dr. Astrid Gendolla.

Kaugummi: Tatsächlich gebe es Hinweise, dass extensives Kaugummikauen über mehrere Stunden pro Tag mit mehr Kopfschmerzen einhergeht, erklärt. Dr. Raymund Pothmann. "Für ‚normales‘ Kaugummikauen gilt das aber nicht."

Das Wetter spielt eine Rolle

Fernsehen und Computerspiele: Das Starren auf die Mattscheibe als Quelle des Schmerzes? Professor Stefan Evers sagt: "Ein kausaler Zusammenhang konnte in Studien nicht belegt werden, allerdings verbringen männliche Jugendliche mit Kopfschmerzen mehr Zeit mit Spielen am PC als Jugendliche ohne Kopfschmerzen; dabei ist aber nicht geklärt, was Folge und was Ursache ist."

Wetterwechsel: Temperatur und Luftdruck sind ursächlich für Migräne - zumindest ist die Wetterfühligkeit laut Evers einer der am häufigsten angegebenen Trigger für Migräneattacken. "Dabei hat sich aber keine Regelhaftigkeit herausgestellt", so der Mediziner. "Während der eine auf hohen Luftdruck reagiert, reagiert der andere auf niedrigen Luftdruck."

Für Deutschland sei festgestellt worden, dass signifikant mehr Migräneattacken auftreten, wenn es größere Veränderungen in der Lufttemperatur gibt, die Richtung ist dabei egal.

Ernährung: Von A wie Alkohol bis Z wie Zitrusfrüchte - Ursachen für den dröhnenden Kopf? "Es gibt nur ganz wenige Stoffe, von denen nachgewiesen werden konnte, dass sie bei einigen Betroffenen regelhaft Migräne auslösen können", sagt Dr. Raymund Pothmann.

 "Schokolade, Käse, Nüsse und Zitrusfrüchte sind nicht darunter. Etwa ein Viertel der Migränepatienten reagiert sensibel auf Alkohol, am ehesten auf französischen Rotwein. Der Geschmacksverstärker Glutamat kann ebenfalls Kopfschmerzen bei Migränepatienten auslösen. Dabei handelt es sich häufig nicht um typische Migräneattacken, sondern um einen dumpfen Kopfschmerz, der sich von Migräne unterscheidet."

Migräne nur Frauensache?

Migräne ist Frauensache: Unter Migräne leiden bei weitem mehr Frauen als Männer - meinen viele. Doch Dr. Astrid Gendolla klärt auf: "Die angeborene Veranlagung für Migräne ist unter Frauen und Männern gleich verteilt. Nur im Alter zwischen etwa 20 und 50 Jahren haben Frauen zwei- bis dreimal häufiger und mehr Migräne als Männer, da durch die besondere hormonelle Situation der Frau mehr Attacken ausgelöst werden."

Heilung von Migräne: Der Mythos, dass besondere Ernährungsformen wie etwa die "No-Carb-Diät" Migräne heilen können, hält sich hartnäckig. Doch was ist dran? Dr. Astrid Gendolla: "Grundsätzlich ist es nicht möglich, Migräne zu heilen. Die Veranlagung bleibt ein Leben lang, sodass immer Attacken auftreten können, auch wenn sie bei den meisten Patienten mit zunehmendem Lebensalter immer seltener kommen", erklärt die Neurologin.

"Gerade Anbieter von bestimmten Diäten versprechen eine Heilung von Migräne, ohne dass es dafür Belege gäbe. Dies gilt auch für die ‚No-Carb-Diät‘, die im Gegenteil sogar bei Migräne problematisch ist, da Menschen mit Migräne regelmäßig Kohlenhydrate benötigen." (eb/jk)

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